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Brief (Transkript)

H. D. an seine Ehefrau am 3.4.1942 (3.2002.0280)

 

3.IV.42.



Mein kleines Lieb!

Karfreitag ist heute. Ist da nicht jede Seele von einem hl. Ernst gepackt? Geht es doch um Frieden oder Unfrieden der Seelen für alle Zukunft. Erschüttert stehen wir vor der Gestalt unseres Herrn, der in Verfolgung seines Zieles, der Befriedung und Erlösung unserer Herzen, seinen Weg bis zur letzten Konsequenz geht. Viele haben ihm in seinem Leben u. seinen ihnen gut tuenden Taten zugejubelt und sind ihm oft weit nachgefolgt. Doch heute, wo es gilt, ein starkes Herz zu haben, da sind nur noch wenige bei ihm u. bekennen Dich zu ihm. Die aber haben eines, den Glauben an ihn u. sein Wollen, und dafür setzen sie alles ein. Man muß schon Achtung haben vor dem Mut dieser wenigen Männer und Frauen. Wie ungleich besser als sie sind wir heute noch dran! Wir wissen, der Karfreitag ist nicht das Ende, sondern der Anfang. Hinter ihm kündet sich schon der strahlende, sieghafte Ostermorgen an, der Lohn der starken Herzen. Wir sind heute ernst, nicht weil wir glauben, es sei alles zu Ende, sondern weil wir gepackt sind davon, daß er auch das Schlimmste auf sich nahm, um sein Ziel zu erreichen. Deshalb versinken wir auch nicht in einer tatenlosen Trauer. Wir bereiten schon innerlich und äußerlich den Ostermorgen vor u. sammeln uns, damit wir die große Freude, die uns da geschenkt wird ja ganz bewußt u. vollständig erleben. Wir merken schon, wie sich all das Schwere u. Enge, das unsere Brust oft zusammengepreßte, zu lösen beginnt u. wissen, daß wir frei und erlöst neben dem stehen werden, an den wir trotz allem geglaubt haben. – Karfreitaggedanken, mein Liebes, gelt! Ja, schon richtig. Aber eines wollen wir nicht vergessen, die […] für uns. Hohes Ziel verlangt hohen und höchsten Einsatz. Nicht jedes Streben führt glatt zum Ziel. Clausewitz sagte einmal, „eine Schlacht ohne Krise ist keine Schlacht.“ Sehr oft wird uns ein „Karfreitag“ quer kommen, sei es hier draußen bei uns „die letzte Viertelstunde“, in der es darauf ankommt die Chance zu gewinnen oder zu verlieren, oder sei es sonst irgendwo im Leben, wo einem im Letzten Augenblick die Felle doch noch fortzuschwimmen scheinen. Da heißt es dann eben, nur noch fester halten. Gut ist es dann, wenn man da nicht allen ist. Denn wenn man etwas für einen anderen tut, kann man, glaube ich, fester halten, als wenn man nur sich selbst zu beachten hat. Und ist es dann gelungen, gibt es einen schöneren Lohn, als die dankbaren strahlenden Augen des anderen? Gibt es denn überhaupt etwas Schöneres als andere froh zu machen u. frei? Ich bin ja immer so froh, daß ich Dich habe. Die Dir liegt für mich der Maßstab aller Dinge u. eines möchte ich bei Dir immer wachrufen können, herrlich strahlende Osteraugen. Lasse die Ostersonne recht tief in Dich hineinleuchten, mein Liebes. Bleibe schön gesund u. Bübchen auch. Gib ihm einen innigen Kuß.
Es grüßt u. küßt Dich, mein Liebes aufs allerinnigste u. immer wieder
Dein H.

 

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