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Brief (Transkript)

H. D. an seine Ehefrau am 21.06.1941 (3.2002.0280)

 

21.VI. 41., abends.



Mein kleines Lieb!

Es ist ganz gemütlich hier bei uns. Links von mir am Tisch sitzt Schmerdring und schreibt. Gegenüber sitzt Ltn. Knöpp und hat die neueste Nummer der Wehrmacht, in der gerade die Eroberung von […] geschildert. Ein anderer lacht dabei und studiert Deine gesammelten Illustrierten. Jetzt ist gerade noch ein 5. Hinzugekommen, der auch Anstalten trifft, sich schreibenderweise zu betätigen. Die allerschönste Beschäftigung aber habe ich. Denn ich darf an Dich schreiben, an das liebste, beste u. schönste Frauchen, das es überhaupt gibt. Es bedeutet für mich immer eine Erholung, wenn ich mit Dir plaudern kann. Ich denke so oft an unsere Kaffeestunden im Scheffeleck [?] u. vor allem an unsere herrlichen Sonntage im verschwiegenem Gartenhäuschen. Von was haben wir uns damals eigentlich immer erzählt. Gar oft haben wir uns auch nichts erzählt. Das war dann immer der Fall, wenn wir uns küßten oder uns ganz tief in die Augen sahen. Haben wir eigentlich auch oft genug „geschwiegen“, Schatzeli? Das sind jetzt genau 2 Jahre, seitdem wir diese glückliche Zeit verlebten. Weißt Du übrigens was heute für ein Tag ist? Heute ist der erste Tag des Waffenstillstandes zwischen Deutschland u. Frankreich. Damals war ich in Giromagny, weißt Du, wo ich in dem „pomfartionösen“ Damenzimmer gewohnt habe. Wo ist eigentlich das Jahr hin? Und doch, hat es uns nicht trotz des Krieges viele viele schöne Stunden gebracht? Wenn wir richtig überlegen, doch wirklich viele. Und darüber, daß wir doch die aller-aller meiste Zeit voneinander getrennt waren, wollen wir nicht trauern. Wir wissen doch, warum es sein Muß. Eigentlich hat mir der Krieg ja auch das allerschönste gebracht, das ich jetzt besitze, mein herrliches goldiges Frauchen. Ich wünsche mir, ich wüßte ein Mittel, Dir mal wirklich beweisen zu können, wie gerne u. lieb ich Dich habe. Aber ich habe keines, das ausreichend wäre. Du mußt mir`s schon glauben. Gelt, Du tust es auch. Abends sage ich mir oft vor dem Einschlafen Deinen Namen leise vor mich hin. Und damit schlafe ich ein. Oft nehme ich meinen Ring u. lese darin Deinen Namen immer u. immer wieder. Es ist mir dann, als ob ich in einem Buche lese mit einem frohen, heiteren, ernsten u. tiefen Inhalt. Gelt, Du bist mein goldiges, kleines, süßes Frauchen, mein zärtliches Schmuserchen. Bleibe recht schön gesund, kleines Lieb. Viele Grüße an Mutti. Es grüßt dich und küßt Dich, solange, bis ich satt bin – das werde ich aber nie –
Dein H.

 

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