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Brief (Transkript)

H. D. an seine Ehefrau am 6.1.1941 (3.2002.0280)

 

6.I.41.

Liebstes Du!

Dreikönigstag ist heute. Es ist ½ 12 h. Hat mein Liebes gut ausgeschlafen? Ich sehe Dich frisch u. unten im Zimmer. Ich sitze hier in meinem Bau. Was gäbe ich drum, wenn ich jetzt mal bei Dir sein könnte, wieder mal Wohnlichkeit u. Sauberkeit auch in dem kleinsten Winkel sehen könnte. Glaube mir, ich habe in diesem flohreichen Land schon meine Erfahrungen gemacht auf diesem Gebiet. Mich juckt’s schon, wenn ich nur daran denke. Verfluchter Dreck. Es gibt halt in allen Dingen nur ein Deutschland. Man muß sich die Augen zumachen, die Nase oft zukneifen u. hoffen, daß auch dies mal ein Ende hat. Doch Schluß damit. Was soll ich Dich mit so „reizenden“ Geschichten belästigen. Ich denke oft mit Wehmut an meine B.-Stelle auf dem Scheidberg im vorigen Winter, mag man auch gar oft den Kopf hat in den Dreck stecken müssen. Aber so „hüpfende“ Kameraden gab es dort wenigstens nicht. Ich werde aber jetzt wissen, denen aus dem Weg zu gehen. Aber eine Sauerei ist es doch, wenn ich mich so ausdrücken darf. Es ist doch ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Banat und Siebenbürgen. Dort jedes einzelne Haus ein Schmuckkästchen von außen und auch immer sauber, hier die „Häuser“ alle mehr oder weniger viel vernachlässigt u. heruntergekommen u. innen in vielen ja den allermeisten Fällen eine „köstliche“ Unordnung und Unsauberkeit. Wenn Du aber jetzt erst mal die Wohnstätten der Rumänen selber sehen würdest, da könnte ich bestimmt sagen: „da wendet sich der Gast mit Grausen.“ Für unsere Begriffe fast unvorstellbar. Was da alles unter den Schafspelzen, den Fellmützen, den dicken wollenen Hosen herum krabbelt! Hurra […], ein „eifriges Geschäftsleben“. Und immer wieder wird die „Wirtschaft“ angekurbelt und erfährt neue „Anregungen“ durch häufiges Kratzen u. Jucken bald in diesen bald in jenen Wirtschaftsgebieten. Da ist jeder sein eigener Reichstreuhänder. Und ich komme mir bald vor als „Assessor auf Probe“. Ja, Du lachst. Und wer kratzt mich? Na, eine solche sollte mir nur mal über den Weg laufen. Der wollte ich gleich mal einen Schwung Arbeit verpassen. Es war halt doch eine schöne Sache, wenn ich Samstags nach Ffm. fahren u. unter Ablieferung meiner schmutzigen Wäsche in frische schlüpfen konnte. An so angenehme Dinge gewöhnt man sich zu rasch. Du, Liebes, höre mal, habe Dir auch was gekauft: ein paar gefütterte Lederhandschuhe u. ein Paar Strümpfe. Werde Dir das so nach u. nach zuschicken. Wir dürfen ja nur Briefe bis 250 g ins Reich schicken. Muß es also entsprechend verpacken, will damit aber warten, bis die Batterie da ist. Ja, und im übrigen geht es mir noch ganz gut. Ich möchte halt nur mal zu gerne bei Dir sein können. Was träumt man sich doch alles zusammen, wenn man so allein ist und so weit von den Liebsten, das man auf Erden hat. Ich hoffe halt immer auf die Zukunft, auf Dich u. auf unser gemeinsames Leben. Bleibe schön gesund, mein Liebes. Viele Grüße an die Mutti. Es grüßt Dich, mein Liebes, und küßt Dich ganz innig und immer wieder
Dein H.

 

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