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Brief (Transkript)

H. D. an seine Freundin am 26.12.1939 (3.2002.0280)

 

26.XII. 39.


Liebste, kleine E.!

Jetzt ist Weihnachten auch herum. Aber wie war es denn hier draußen bei mir, so ganz weit von Frankfurt fort? Hat es Dir gefallen? Ich kann nur sagen, es war wunderschön. Ich frage mich nur, wie mag erst das Weihnachten sein, das wir zwei wirklich + wahrhaftig gemeinsam feiern. Ob das nicht zuviel Glück für mich wird? Aber wenn Du dabei bist, werde ich es schon ertragen, gelt? Was ich heute alles gemacht habe? Zu allererst mal keinen Dienst. Wir haben uns alle Mann mal richtig ausgeruht. Und ich habe den ganzen Tag gelesen. Mit dem Buch „Meine Bauern“ hast Du mir wirklich eine Freude gemacht. Das ist ganz köstlich. So was richtig herzerfrischendes. Das mußt Du unbedingt lesen. Weißt Du, das ist auch so ein Buch, das man immer wieder mal gerne in die Hand nimmt u. darin herum liest, da es so nette Einzelgeschichten aneinanderreiht. Dafür bin ich Dir besonders dankbar. Diese Volkstumsschilderungen + Charakterdarstellungen sind so treffend u. derb gesund teilweise, daß man oft lachen muß. Ich muß wirklich die kleine E. loben + bin ihr sehr dankbar. Das andere Buch interessiert in seiner Art, umsomehr als es bereits 1920 geschrieben ist. Wenn wir wieder zusammensitzen können, dann werde ich meiner E. aus beiden Büchern vorlesen und wir werden noch unsere gemeinsame Freude haben. Du hast mir diese Weihnacht so verschönt. Ich bin ganz glücklich u. froh + zufrieden. Und waren wir diesmal noch getrennt. Einmal kommt der Tag, Liebes, an dem wir und wiedersehen + uns die Hand geben und ich zu meinem Liebling sage, da bin ich wieder + jetzt gehe ich nicht mehr fort von Dir, jetzt ist Frieden, komm lasse uns glücklich sein. Eben hat ein Kamerad den Christbaum angesteckt. Das Radio spielt ganz leise. Das Lametta wird von der von den Kerzen ausgestrahlten Wärme leicht bewegt. Draußen ist es ganz still. Der Franzose war die Weihnachtstage wirklich brav. Siehst Du, deshalb hast Du auch den ganzen Tage bei mir bleiben können. Ach war das schön. Und all das Schöne wollen wir tief in unserem Herzen einschließen. Es soll uns immer neue Freude geben & unsere Hoffnung lebendig halten. Die vielen Lichter vom Weihnachtsbaum nehmen wir auch mit, damit es immerganz hell auf unsrem Weg ist. Und jetzt, meine Liebste, komm’ lasse Dich ganz fest nehmen, ganz fest wollen wir uns an den Händen halten und mutig machen wir und wieder auf den Weg. Wenn wir schön zusammengehen, wird alles gut werden u. jeder Schritt bringt uns dem Frieden näher, den Du und ich doch wohl sehr ersehnen. Aber, gelt, Liebes das ist doch auch Deine Überzeugung, vom Frieden dürfen wir eigentlich erst reden, wenn der Sieg unser ist, wie der Oberbefehlshaber der Wehrmacht in seiner Weihnachtsansprache sagte. Und deshalb muss doch zunächst zu allererst unser Streben auf den Sieg gerichtet sein. Je stärker unser Wille zum Siege ist, umso eher wird er auch unser sein. Drum, Liebes, wollen wir tapfer auf dieses große Ziel lossteuern. Ist das erreicht, dann wird auch all das wahr werden, was mein Liebes sich erträumt und ersehnt. Und wenn Dein großer Junge dann heimkehrt, dann wird er Dir nicht mehr von der Seite gehen. Er wird sich bei Dir ausruhen müssen, lange, lange, lange. Denn viel müde wird er sein + ganz heißhungrig nach der Liebe seiner kleinen E., dieser Schatz immer in so überreichem Maße für ihn bereit hält. Siehst Du, so hast Du Deinen Mann schon verwöhnt. Was mag das noch werden! Weißt Du was? Ich glaube, Du läßt am besten einen Anhänger aus mir machen und hängst ihn Dir um den Hals. Da würde ich dann auch immer ganz weich liegen und warm. Und vor allem brauchte ich keine Sekunde von meiner E. fort. – Der Frau Kn. habe ich heute auch geschrieben und mich für ihre Bemühungen bedankt. Ich habe ihr auch den Sachverhalt mit den Päckchen geschildert + gesagt, daß Du angerufen hättest, um zu erfahren, ob etwa das Päckchen bei ihr nicht abgegeben worden sei, da Du auf Grund meines Briefes hättest annehmen müssen, daß sie Dich schon längst angerufen haben würde, wenn das Päckchen bei ihr abgegeben worden wäre. Der Regiefehler ist also auch in Ordnung. Nun bleibe mir schön gesund, mein Liebes + lasse Dich unzählige Male küssen von Deinem H.

Viele Grüße an Deine Mutti

 

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