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Brief (Transkript)

Manfred von Plotho an seine Ehefrau am 21.6.1941 (3.2008.2195)

 

Den 21. Juni 1941


Ohne Nummer

Meine liebe Ingrid, wenn Du diese Zeilen erhälst, dann sind spannungsreiche Tage vorüber. Die Welt hält den Atem an, ein gigantisches Unternehmen läuft, aus Grossdeutschland wird ein freies und unabhängiges Europa. Es sind wirklich aufregende Stunden, die wir durchleben. Am 22. Juni morgens um 7 Uhr war Waffenstillstand in Lothringen und damit Hahn in Ruh für unsere Div.. Genau ein Jahr später, fast auf die Stunde, werden wir die ersten sein, die die Grenze überschreiten. Diesmal liegt keine Maginot-Linie vor uns, siegreiche Feldzüge unter schwierigsten Verhältnissen haben das Selbstvertrauen der Truppe zu jener Sicherheit gestärkt, die auch die Weite des östlichen Raumes mit seinen besonderen Verhältnissen nicht schrecken können. Als das erste Stichwort durchkam, neulich abend, als wir friedlich bei einer Pulle letzter französischer Reminiszenzen sassen, gab es mir doch einen kleinen Ruck. Selten hat wohl ein Heer vor einer derartigen Aufgabe gestanden, die durch die bewusste politische Irreführung vollkommen getarnt vorbereitet werden konnte. Unsere Führung ist so genial und einmalig, dass das Vertrauen zu ihr trotz wachsender Aufgaben nur immer grösser wird. Du weisst ja, wie lange ich schon versuche, in Grossräumen zu denken, und weisst auch, dass ich diese Entscheidung herbeigewünscht habe, weil sie erst das Werk vollendet, naemlich die endgültige Befreiung und Unabhängigkeit Europas. Hoffentlich habt Ihr die geeigneten Karten, um unseren Weg verfolgen zu können. Es ist ja doch ein eigenartiges Gefühl, so an der Grenze entlang zu fahren, drüben laufen russische Grenzsoldaten, Bauern arbeiten auf dem Felde und dabei zu wissen, in wenigen Stunden braust der neue Blitz krieg darüber hin. Das ist ja das Begnadete an dem Führer, dass er so urdeutsch in seinem Denken und Fühlen ist und dabei die unerhörte Härte hat, mit ganz undeutschen Mitteln zu arbeiten, Mitteln, wie sie gerade zur Bekämpfung dieses besonderen Gegners nur zu angebracht sind. Vielleicht wird die Geschichte einst von ihm sagen, dass er in gutem Sinne der grösste Schüler Macchiavelli's gewesen ist.
Du kannst Dir denken, dass man zu längeren Betrachtungen nicht in Stimmung ist, wenn es gilt zu handeln. Mit der Feldpost wird es wohl nicht immer so schnell klappen, das ist aber kein Grund für irgendwelche Besorgnisse. Dafür werden die Gedanken oft genug hin und her wandern.
Einliegend ein interessanter Bericht von Reinbard Remé. Bitte schicke ihm einen Gruss, ich komme nicht mehr dazu. Die englischen Zigaretten aus Athen seien ein grosser Genuss gewesen. Ferner eine Karte von unseren Freunden in Südtirol. Vielleicht schickst Du Ihnen einen Gruss. Ich werde immer mit wärmster Anteilnahme an das Schicksal dieser Menschendenken.- Mit dem Brief an Auwi bin ich durchaus einverstanden. Ich hätte ein Telegramm an die Villa Liegnitz gerichtet. Von den Eltern kam ein sehr dankbarer Brief.
So, es wird verladen und ich muss schnell meine letzten Sachen packen. Innige Grüsse, Euch, meinen Lieben, und so Gott will auf ein gesundes Wiedersehen nach dem Sieg!
Dein Manfred

 

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