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Brief (Transkript)

Französischer Bekannter an Günter Wolf am 23.12.1942 (3.2002.1357)

 

23.XII. 1942


Karte Nr. 1

Lieber Herr Wolf.
Wir bedanken uns für Ihre Karte, die wir bekommen haben, ebenso für die Weihnachts- und Neujahrsgrüße, die sie enthält. Wir erwidern Ihre Grüße und schließen uns Ihnen an im Wunsch, daß ein baldiger und schneller Frieden dieser Katastrophe ein Ende setzt, die Europa verwüstet, und, daß die europäischen Länder endlich die Nichtigkeit Ihres Streits verstehen und sich nicht mehr alle 25 Jahre gegenseitig vernichten. Die Basis des europäischen Wiederaufbaus bildet die Deutsch – Französische Kollaboration. Wenn Sie Deutsche und Franzosen klar gemacht haben, was Deutschland tatsächlich ist, sowohl unter dem sozialen Gesichtspunkt, als auch unter dem Gesichtspunkt des Geistes, wird ein großer Schritt getan sein. Unsere Regierungen haben uns derart viel Dummheiten in den Kopf gesetzt, daß wir Ihre Theorien kaum verstehen und daher kommt es, daß man glaubt, daß Sie die Allianz-Verträge, die Sie unterschreiben, später wieder brechen, wenn Sie es für zweckmäßig halten. Die Franzosen nennen dies einen „Papierfetzen“. Berücksichtigen Sie bitte, Herr wolf, daß ich hier vom Franzosen im Allgemeinen spreche. Es gibt ja auch Einzelfälle … ich habe schon lange verstanden, daß „es nicht die selben Umstände sind, die einen zur Unterzeichung und zum Bruch eines Paktes“ bewegen. Ich habe verstanden, aber wenige verstehen es … Ihre Überlegungen sind richtig, ich stimme ihnen zu, und verteidige sie, falls notwendig. Es gibt eine andere Sache, die uns gegen Sie auflehnt, es ist die Demarkationslinie … viele Familien wurden getrennt … Ich spreche auch hier für die Allgemeinheit … denn ich persönlich wußte, worauf ich mich einließ, als ich auf dieser Seite blieb.
(eine andere Karte ergänzt diese)

Karte Nr. 2 23.XII. 1942

In meiner ersten Karte hatte ich Ihnen geschrieben, daß Sie Deutschland den Franzosen bekannt machen sollten … Benutzen Sie dafür alle Mittel – Filme – Zeitschriften – etc. … Scheuen Sie sich nicht davor, die Franzosen entdecken zu lassen, was die deutsche Kriegsschmiede ist, und gleichzeitig können Sie die sozialen Errungenschaften zeigen, wie Sie in Ihrer Broschüre „Das sozialistische Deutschland“ tun. Mit einem Wort, blenden Sie sie, zeigen Sie ihnen auf diese Weise, daß Sie eine Kraft sind … Darin liegt das ganze Problem der Deutsch – Französischen Kollaboration … Zeigen Sie Ihre geistige Kraft, preisen Sie Ihre Einheit mit dem Chef an. Auf dem Papier drückt man sich so schlecht aus, aber Sie verstehen sicher, was sich sagen will.
Heute schreibe ich meiner Schwester, damit sie das Buch über die Tierwelt der Meere heraussucht, das ich Ihnen für Ihren Freund versprochen hatte. Ich nehme an, daß sie es leicht finden wird und, daß Ihr Freund es interessant finden wird.
Schicken Sie mir bitte einige Broschüren aller Art … vor allem über die Juden. Diejenigen, die ich gebracht hatte, haben Erfolg gehabt … Sie wurden ausgestellt im Schaufenster des „Maréchal des France“ in Lourdes und Tarbes.
Auch die Broschüre mit dem Titel „Ein Lob auf die Engländer“ hat großen Erfolg gehabt. In der Freien Zone gibt es keine deutsche Propagandazentren … schade. Ich rechne also fest damit, daß Sie mir diese Broschüren schicken.
Schöne Grüße an Ihren Freund Kirchmann und an die Herren Siller und Wagner. Meine Karte geht ihrem Ende zu – ich hoffe, Sie werden sie beantworten.
Nochmals freundliche Grüße an Sie und Ihre Familie

Robert Cassaigne

 

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