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Brief (Transkript)

Willi Betz an eine Bekannte am 16.8.1941 (3.2002.0257)

 

Im Osten, 16.8. (1941)



Meine liebe Annerose!

Besten Dank für Deinen Brief vom 31.7.
Du schreibst, mich bei Wochenschauen zu suchen. Dabei wirst Du mich wahrscheinlich nicht finden, obwohl ich gestern eine Sache erlebte, die gut für die Wochenschau geeignet wäre.
Es gelang mir gestern, mit meinem Zug durch schnellen Vorstoß einigen fdl. Kompanien den Rückzug abzuschneiden.
Die Russen kamen mit 15 Lastkraftwagen vollbesetzt mit russischer Infanterie auf meine 3 Geschütze zugefahren. Wir ließen sie bis auf 100 m zu uns ran kommen, um dann mit unseren Kanonen ein mörderisches Feuer darauf zu eröffnen. Die Wirkung war verheerend. Sofort stand der größte Teil der 15 Lkw in hellen Flammen. Die Russen rollten größtenteils schwer verwundet und brennend von den Wagen. Insgesamt mußten die Russen über 40 Tote und 36 Schwerverwundete liegen lassen. 94 weitere nahmen wir nach kurzem schweren Feuergefecht gefangen. Sämtliche 15 Lkw fielen in unsere Hand. Meine eigenen Verluste waren gering. So schrecklich hinterher das Gelände beiderseits der Straße mit den vielen Toten und Verwundeten aussah, so befriedigt waren wir von unserem großen Erfolg. Meine Leute haben sich alle ausgezeichnet geschlagen. Nun aber Schluß mit diesen Grausamkeiten. – Wir marschieren nun mehr nach Süden, in Richtung Gomel. Die Gegend ist sehr schön. Riesige reife Getreidefelder, schöne Wälder und viele Bäche und Flüsse wechseln sich in bunter Folge ab. Man sieht oft mitten im Sumpffeld ruhig weidende Kuhherden.
Gegensätze zwischen Krieg und Frieden stoßen zusammen und geben die eigenartigsten Bilder. Ich habe bis jetzt etwa 90 Aufnahmen gemacht. Ungefähr 180 leere Aufnahmen habe ich noch bei mir. Wenn die Bilder gut ausfallen, dann bringe ich nach dem Feldzug ein schönes Werk zusammen. –
Seit einigen Tagen ist hier sehr schönes Wetter. Tagsüber außerordentlich heiß, bei Nacht empfindlich kalt. Unseren Durst können wir ganz gut mit Wasser löschen. Wir erbeuteten vor einigen Tagen ein Wasserfiltergerät, mit dem wir aus jedem schmutzigen Wasser einwandfreies Trinkwasser herstellen können.
Heute Abend wollen wir uns nach langer Zeit wieder einmal Pfannkuchen machen. Hoffentlich kommt nichts dazwischen. Ich freue mich schon den ganzen Tag darauf. Nun will ich mich aufmachen, um die Stellungen meines Zuges einmal abzugehn.
Liebe Annerose! Laß Dir’s recht gut gehen und genieße die noch wenigen schönen Sommertage. Viele herzliche Grüße schickt Dir
Dein Dich liebender Willy.

 

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