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Brief (Transkript)

Unbekannte Schreiberin an ihren Ehemann am 11.4.1948

 

Halle (?) d.11.4. (1948)



Lieber Herbert!

Hätte Dir ein Geständnis machen. Sei bitte so gut u nehme es Dir nicht so an. Ich weiß es ist schwer u bitter. Aber es geht jetzt tausend so es ist die Zeit u der Krieg. Denn ich gehe jetzt mit Bernd nach dem Westen. Und Deine Sachen tue ich zu mein Eltern. Denn ich habe mir solche Gedanken und Tag u Nacht nicht geschlafen darüber wußte nicht wie es werden sollte. Denn, daß ich ein Mann im Logie, u der ist schon sei Mei im Westen. Und ich war dort u habe sein Radio rüber gebracht mit ein Auto. Und da ist es pasiert, was kanst Dir denken. Denn er hatt mir immer geschrieben Und ich wollte es wegmachen aber es macht es mir niemand u habe auch kein Geld dazu. Nun bin ich eben soweit u muß zu Ihn. Und müste jetzt am 30.9. rüber für immer. Lieber Herbert ich weiß es ist schwer für Dich, aber nimm es Dir nicht so an, denn Du bekommst 10 andere. Es gibt so viel Wittfrauen die alle auch Männer haben wollen. Und suche wenn Du heim kommst Dein neues Glück u Heim. Ich weiß Herbert, ich bekomm meine Strafe dafür, aber ich kann nicht anders. Was soll ich machen. Ich war schon so weit, daß ich vom Leben scheiden wollte aber ich dachte immer an mein Liebstes an Bernd. Denn der hängt so an seiner Mutti. Und da habe ich mir es überlegt u habe es so gemacht. Denn Bernd hängt auch den, denn er hatt für Bernd alles gemacht. Und da merkt Bernd nicht, daß er ein andern Vati hatt. Und Du wirst dann auch wieder ein ander Glück u andern Jungen finden. Gewiß solst Du ihn auch sehen u später auch. Aber mir nehmen wirst Du ihn doch nicht. Denn eine andere Mutter ist nicht ein anderer Vater. Also Herbert solltest Du kommen in die Heimat. Ich gebe Dir Dein Bett u Radio u auch was Geld zum neu anfang. Denn ich habe die meisten Möbel verkauft, weil ich die Wohnung aufgeben muß. Und Du bekomst auch Deine Sachen alle. Und für Bernd brauchst Du nicht zu sorgen. Und wenn Du da kann [?] fährst Du zu mein Eltern u holst die sachen alle. Es kann auch sein ich schreibe Dir noch mal bescheit darüber. Denn ich bin auch zu hause mit Mutter deswegen böse. Die könn mich auch nicht verstehen. Habe nun A gesagt muß ich auch B sagen. Denn die Zeiten sind jetzt so schlecht, daß jeder sehen muß wie er mit sich selber fertig wird. Und jeder ist selber der nächste, eh ich bin auch so fertig, daß ich nicht mehr belasten [?] könnte. Aber ich weiß ich müßte wieder arbeiten. Der ist so gestelt, daß ich u Bernd ein schönes Leben haben. Und Du dann auch. Wenn Du paar Hundert MK bekomst u rüber Dir ein ander Glück u Heim. Ich an Deiner stelle wirde in Frankreich bleiben. Denn Du bereust es bitter wenn Du heim komst. Alle bleiben in der Westzone. Denn so wie es jetzt hier ist macht niemand sich ein Bild. Du weißt ich bin nicht schlecht. Aber die Not und Elend treibt mich dazu. Denn sonst würde ich nicht so ausarten. Also Herbert sei deswegen nicht so böse auf mich. Und kanst mir ruhig auch mal schreiben, bis ich fort geh. Jetzt am 30.9.. Und Deine Sachen kanst zur jede Zeit bekomen. Es grüßt Dich herzlich
Marte u Bernd
Immer u ewig trag ich im Herzen heimlich Dein schönes Bild. Wenn wir auch voneinandergehen.

 

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