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Brief (Transkript)

Helmut Nick am 8.10.1939 (3.2002.0274)

 

(8.10.1939)



Liebe Ilse!

Hab mal wieder Zeit, nicht nur an Euch zu denken, sondern auch zu schreiben. Von Dir hab ich diese Woche keine Post erhalten; über die Feldpostnummer dauert alles viel länger. Hier schimpft schon alles furchtbar, keiner bekommt Post. Schreib mir nochmal unter der alten Anschrift (Funker Nick, Truppenübungsplatz Bergen / Celle 2.N.A. 196, M.B. 78) vielleicht kommt die Post eher an als die andere. Mit Urlaub sieht’s hier vorläufig noch mäßig aus, mal sehen, was die nächste Woche bringt; ich glaube politisch nichts Gutes. Trotz der guten Rede des Führers lassen sich die Engländer und Franzmänner in Ihren Kriegsabsichten nicht beeinflussen, na werden ja sehen.
Ich schicke Dir ein Rundschr. des Verbandes mit, wegen der Gehaltssache, kannst Du alles Nähere draus ersehen. Übrigens, wenn das mit dem Urlaub hier nicht klappt, werden wir uns mal überlegen, ob Du mich nicht mal hier besuchen kannst. Heute waren schon eine ganze Reihe Frauen hier zum Besuch. Hätte ich mich gefreut, Du wärst auch hier. Na, kann ja noch werden. Hier ist nichts los. Landschaftlich ist es ja schön hier, aber immer nur Kasernen und Naturschönheiten bewundern wird auch mal leid. Zuhause wär ich lieber, allerdings müßte dann Frieden sein. Hier kursieren die dollsten Scheißhausparolen, die meisten laufen darauf hinaus, daß wir als Besatzungstruppe nach Polen kämen. Ich persönlich glaube vorläufig garnichts, keiner weiß etwas Genaues. Unser Korporalschaftsführer hat den Polenkrieg mitgemacht, kann ganz interessant erzählen. Von Dir hab ich durch meine letzten Briefe allerhand wissen wollen. Da ich Deine Post bis jetzt nicht bekommen habe, will ich vorläufig auf die einzelnen Sachen nicht eingehen, will mal erst abwarten, was Du schreibst. Der Inhalt des Geburtstagspäckchens hat mir fabelhaft geschmeckt, war prima. Ich will mal was anderes als Eintopf. Das Essen ist sonst ganz gut hier, der Koch strengt sich an. Heute nachmittag werden wir mal wieder einen Spaziergang in die Heide unternehmen. Hier könnte man übrigens eimerweise Preiselbeeren ernten, kein Deubel kümmert sich drum.
So, jetzt will ich mal erst wieder auf Deine Post warten. Werd Dir dann direkt wieder schreiben. Hoffentlich kommt bald ein Brief von Dir, sind die einzigen lieben Abwechslungen die man hat, und die werden nun auch weniger. Also viele lb. Grüße und Küße mein lb. Stropp und grüß mir den kleinen Mann und Eltern und Luise
Helmut

 

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