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Brief (Transkript)

Hubert Retz an seine Ehefrau am 26.1.1945 (3.2002.0826)

 

Neuburg, den 26. Jan. 1945.



Meine lb. kl. „rücksichtsvolle Frau!

Bin gestern gut u. nach allerlei Strapazen wieder hier gelandet. Mache jetzt wieder den ersten Dienst, ehrlich gesagt, es gefällt mir hier nicht mehr. Überhaupt der ganze Dreck hängt mir am Halse heraus, ich möchte nur leiden der ganze Mist wäre gut vorbei. Aber nun erst mal der Reihe nach. Daß ich gut in den D-Zug gekommen bin weißt Du, alles nur wegen Deinem Daumendrücken Liebling. Die Fahrt ging gut u. flott vonstatten bis ins Ruhrgebiet doch dann kam der Knall, kurz vor Hamm Großalarm, ungefähr eine Stunde u. von da ab ging das Bummeln los. Na bis 11.30 Uhr war ich doch bis Ohligs u. da war die Bahnfahrt zu Ende. Wie nun weiter. Von Ohligs nach Köln – Mühlheim sollte Pendelverkehr sein u. in etwa 1 St. sollte der Zug kommen, also um 13.00 Uhr herum. Na was machen, in die nächste Kneipe und anständig futtern, als ich wiederkam war wie immer der Zug weg, also hieß es warten bis 16.00 Uhr. Um 16.00 Uhr ging es dann los nach Köln – Mühlheim. Aber Du Schreck wie sah es da aus. Ich frug ein paar alte Männer wann das denn passiert wäre, am 14.I. sagte man mir, u. ich habe mir gedacht, gut daß Du in Berlin warst. Nun hieß es die Füße unter den Arm nehmen u. zu Fuß nach Hause tippeln, ein nettes Stück Weg, mir graust jetzt noch davor, u. zudem mußte ich den Weg doch auch wieder zurück, u. dann mit meinem Kreuz, es war schon ein Jammer. Meinst Du Liebes ein Wagen hätte angehalten u. einen mitgenommen, nicht für Kuchen. Als ich nun am Dom ankam ist mir doch bald das Herz in die Hose gefallen, wie sah es dort aus, als wenn um den Hptbhf. ein Straßenkampf stattgefunden hätte mit allen Schikanen. Du kannst Dir denken Liebling ich habe über den ganzen Weg beide Daumen gedrückt, daß ich noch etwas vorfinde, u. ich habe Glück gehabt, es war noch ganz manierlich dort. Aber die Stadt ist einfach grauenhaft. Umgeworfene Straßenbahnen dann wieder L.K.W’s u. Bombenkrater u. Ratten u. Mäuse. Ja, nun ist Köln restlos hin, auf rh. Gebiet befindet sich nichts mehr, zumal bis auf die Hohenzollernbr. alle Brücken in die Binsen oder schwer demoliert sind. Das ist oder besser war Köln. Todmüde bin ich zu Hause angekommen. Die fielen natürlich aus allen Wolken, aber weißt Du was denen vortrefflich geschmeckt hat – Deine Brötchen. Ich hatte noch einige mitgebracht, nur waren sie doch zu trocken, u. dann haben wir doch noch bis 24.00 Uhr gequasselt. Die Nacht ging es gut mit Alarm u. meinem Rücken, aber um so besser am anderen Morgen. Der Alarm fing schon rechtzeitig an, doch hat mich das wenig interessiert, da ja dauernd Flieger da waren, aber mein Kreuz, aber auch nicht eine Minute habe ich Ruhe gehabt. Zum Glück ist bei uns in der Flak.Div. ein Homöopat, der auch im Ort Kranke betreut, der besuchte mich nachmittags u. hat mich mal gründlich untersucht. Enderfolg Magenleiden u. Ichias. Für den Magen hat er mir ein Pulver gegeben, doch gegen Ichias ist nicht viel zu wollen. 6 – 8 Wochen Kur u. vollkommene Ruhe, mal sehen was der Arzt dazu sagt, wenn ich ihm das erzähle. Viel habe ich von meinen 3 Tagen nicht gehabt, aber was will man auch noch verlangen. Rabatz ist ja sowieso genug vorhanden. Wir hatten es uns ganz nett gemütlich gemacht u. das Essen schmeckte prima, u. schade war nur, daß die schönen Stunden zu schnell vergehn nicht war Liebling. Nun zur Rückfahrt. Montag früh 04.30 aufstehen u. um 05.00 Uhr lostippeln um in Mühlheim den 0800 Uhr zu bekommen. Aber ich stehe im Regen vielmehr im Schnee u. warte auf wen? u. er kommt nicht – der Zug, doch dafür um 09.00 Großalarm. Das fing ja gut an. Als der Alarm zu Ende war habe ich mit Mühe u. Not um 1045 den Zug nach Ohligs geschnappt u. dort sofort Anschluß nach Wuppertal. Dort war ich dann so um 13.30 u. gleich wieder Großalarm, wie das mir gestunken hat Liebes kannst Du Dir ja vorstellen, Aber mir war es nun egal, als der Alarm zu Ende begab ich mich zu der Firma, wo wir 4 uns treffen wollten, doch da bekam ich wieder einen netten Bescheid, die 3 waren schon lange weg u. wollten mit dem Italien-Fronturlauberzug fahren. Zu aller Vorsicht habe ich mir in dem Treck eine Bescheinigung geben lassen, daß ich dort war dann konnte man mir wenigstens nicht am Wagen fahren, u. dann habe ich geknobelt, ob ich nicht über Berlin nach hier fahren sollte, doch ging das schlecht, da der Fronturlauber erst um 01.00 in Essen abfährt und um 02.00 in Hagen ist. Dort machte ich dann um 20.00 Uhr den 3. Großalarm mit. Naja, nun reichte es. Nach 4 ½ tägiger Fahrt bin ich nun totmüde aber gut gelandet, u. fand Deine 2 lb. Briefe vor u. bekam heute wieder einen vom 20. I. vielen vielen Dank dafür. Halte mir auch weiterhin beide Daumen, daß alles klappt u. wir uns bald wiedersehn. Liebling mir geht es ebenso wie Dir, ich möchte am liebsten wieder zu Dir kommen. Wie ist das eigentlich, kannst Du mir noch Päckchen schicken? Wenn ja, dann schicke ich Dir meine Raucherkarte, denn hier bekommt man doch nichts, schreibe mir bitte ob ja.
Sei nun für heute recht herzlich gegrüßt u. ganz ganz lieb geküßt
Dein Hub.

 

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