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Brief (Transkript)

Erwin Maaß am 24.1.1945 (3.2002.7265)

 

Hammerstein 24.1.45

Liebes Bertchen!

Nun bin ich doch noch in Hammerstein. Es war so dicht daran, daß wir mitten aus unserer Arbeit zum Einsatz nach dem Osten kamen. Gott sei Dank hat sich die Lage ja wohl gefestigt. Hoffentlich habt Ihr Euch zu Hause durch die wahren und andererseits übertriebenen Nachrichten nicht zu sehr aufgeregt. Hier soll es schon in der Stadt reichlich nervös gewesen sein, da die Abmarschbereitschaft schon von der Bevölkerung als Abmarschbefehl aufgefaßt worden war. Ich selbst bin in den kritischen Tagen aus dem Lager nicht rausgekommen. Du wirst Dir ja denken können, daß ich mal wieder besonders reichliche Arbeit habe, die mir an sich ja Freude macht und mir in großen Zügen nicht mehr neu ist. Erschwerend wirken sich hier besonders die mangelhaften und kalten sowie recht primitiven Geschäftsräume aus. Ich habe nun aber wenigstens ein für hiesige Verhältnisse gutes und auch leicht warm zu kriegendes Quartier. Ich muß mich bloß selber drum bemühen, daß ich Brennmaterial rankriege. Neulich habe ich im Casino auch Paul Kupfer und Lehrer Gutschke aus Gr. Satspe getroffen. Beide sind stolz darauf, seit Kriegsbeginn auf demselben Büroschemel und dem gleichen Quartier zu sein. Sie gehören also zu den wenigen Leuten, die die Stellung restlos gehalten haben. Auch Stepke, der Schwiegersohn von der Valeska Nath, ist seit Kriegsbeginn hier.
An sich ist es ja ganz auszuhalten. Das Lager liegt mitten in einem Wäldchen und ist der Weg zu den Mannschaftsbaracken bei dem Schnee und Rauhreif jetzt besonders schön, nur war es ein paar Tage recht kalt.
Von Dir habe ich nun immer noch keinen Brief. Ich habe auch noch ein paarmal versucht zu telefonieren, leider aber ohne Erfolg, da Privatgespräche nicht zugelassen werden. Unter den heutigen Umständen weiß ich nun garnicht wie es bei Euch zu Hause aussieht und will hoffen, daß es Euch allen den Umständen nach gut geht und besonders, daß sich Anneliese inzwischen schon recht weit auf dem Wege zur Besserung befindet.
Ich habe mir das mit den Waffen überlegt und muß Dir sagen, daß ich es für am richtigsten halte, wenn Du sie ohne Rücksicht auf Heinz anmeldest, soweit sie meldepflichtig sind.
An ein kurzes Nachhausekommen ist zur Zeit nicht zu denken, da wir immer noch in erhöhter Alarmbereitschaft liegen und Urlaub sowie Dienstreisen verboten sind. Es sollten ja nun auch Briefe verboten sein und nur noch Postkarten zugelassen werden, was aber scheinbar schon wieder in Bezug auf Feldpostbriefe gelockert worden ist. Diese Auskunft habe ich jedenfalls von der Post in Hammerstein durch eine Ordonanz bekommen. Ich will nur hoffen, daß dieser Brief nicht etwa liegen bleibt, werde aber sicherheitshalber zwischendurch eine Postkarte an Dich senden.
Sollte in den nächsten Tagen von hier ein LKW nach Kolberg fahren, so würde ich einen Brief an Dich mitgeben und Dich bitten mir ein paar fehlende Sachen mitzusenden.
So, liebe Mutti, nun für heute genug, ich muß rüber ins Nordlager, fast eine halbe Stunde Weg. Bleibt mir alle munter, ich bin in Gedanken sehr viel bei Euch.
Viele Gruße an alle, Dich umarmt und küßt recht innig
Dein Erwin
Aufstellungsstab Waldstein
Hammerstein Kreis Schlochau 4

 

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