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Brief (Transkript)

Jürgen Ehlers an seine Eltern am 30.10.1944 (3.2002.0291)

 

Pillau, 30.10.1944.


13)

Liebe Eltern!

Wir haben es geschafft! Glücklich auf deutschem Boden angekommen. Sonnabend abend haben wir nach mehreren Fliegerangriffen Libau im Geleit von 5 Frachtern mit 3 Kriegsschiffen auf der „Lappland“ verlassen. Unser Schiff hatte 8000 t. Ganz schön schön! Wir sollten nach Danzig haben aber Pillau (Hafen von Königsberg) leider angelaufen und sind hier heute morgen an Land gegangen. Die Fahrt war nachts sehr stürmisch mit einigermaßen Seegang. Heute morgen war Entlausung. Jetzt sitzen wir in einer Gaststätte und trinken Bier, richtiges Bier. Sind auch schon mit dem Autobus gefahren! Und heile Häuser stehen hier! Ihr könnt Euch ja nicht vorstellen, wie uns zu Mute ist. Wir möchten weinen, aber wir haben keine Tränen mehr. Es ist geradezu eine Rettung. Der Kessel dort oben wird nach meiner Ansicht zum 2. Stalingrad oder umgekehrtes Dünkirchen. Es geht nicht mehr so weiter! Wo ist die Führung? Alles redet, aber keiner, keiner führt! Wir gehen an der Organisation zu grunde!
Heute abend fahren wir nach Königsberg. Wir haben Marschbefehl nach Tilsit und werden von dort der Truppe wieder zugeteilt. Hoffentlich erwartet uns dort ein Sack voll Post!
Waffen und Munition mußten wir abgeben in Libau. Zum Kai werden die Fahrzeuge geschleppt um Betriebsstoff zu sparen. Die Verpflegung geht einigermaßen. Während wir im Einsatz waren, hat man unserem Gepäck alle Bekleidungsgegenstände entnommen und verteilt. Die übrigen Privatsachen hat man zum größten Teil doch gelassen. Mir ist dabei nur ein sehr interessantes Buch gestohlen worden, und zwar „Hörbigers Welteislehre“ von Behm, den Verlag weiß ich nicht. Fragt Eilers bitte noch, ob er es bestellen kann, es liegt mir sehr viel daran.
Es grüßt Euer
Jürgen

 

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