Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Manfred Hahn an seine Eltern am 16.7.1944 (3.2002.0235)

 

Südabschnitt, am 16.7. (1944)



Meine lieben Eltern!

Wie Ihr ja wohl aus den Wehrmachtsberichten entnehmt beginnt nun auch bei uns der Kampf, besser gesagt der Rückzug. Gestern am Sonnabend, 15.7. begann der Rummel. Um jedes Stückchen wird nun heiß gekämpft. Mit großer Freude erhielt ich heute morgen um 305 Uhr Muttis Brief vom 7. und das langersehnte Feuerzeug. Das Verpflegungsfahrzeug kam nämlich nachts an. Nun gibt es ja unregelmäßig Essen u. vor allem das Mittag u Kaffee ist gänzlich kalt. Es sieht ja alles so furchtbar traurig aus. Während ein Mann Wache steht, hocken die anderen im Graben und schlafen. Aber ich kann hier nicht einschlafen. Meine Gedanken sind ständig bei Euch zu Hause, liebe Eltern. Ob wir uns noch einmal wiedersehen? Ich werde Euch nun immer kurze Lebenszeichen von mir geben. Schickt mir keine unnötige Sachen. Es wird doch alles weggeworfen, denn an der Munition hat man so wie so schon genug zu schleppen und die darf ja nicht liegen bleiben. Verfolgt immer die OKW-Berichte und Ihr werdet über die Kämpfe Bescheid wissen. 349.Inf.Div. Reg.912 2.Batl. 5.Komp. Von dem was ich bis jetzt erlebt habe, bin ich schwer enttäuscht worden. Es sieht nicht so rosig aus, wie es in der Wochenschau immer gezeigt wird. Hier wehren sich ein paar Deutsche gegen die wie Ameisen anstürmenden Bolschewistischen Horden ohne einen Panzer und ohne ein deutsches Flugzeug, nur mit einer Batterie Artellerie u. einigen Granatwerfern, um nicht eingeschlossen zu werden. Wenn doch bloß der Krieg bald ein Ende nehmen würde, denn Rußland, das ist das Grab Deutschlands Jugend. Was hier kämpft ist fast alles von jungen Jahrgängen. Meine Kompanie besteht fast aus Jahrgang 1926. Nun liebe Eltern wollen wir hoffen, daß mich der liebe Gott beschützt und mich wieder gesund zu Euch führt in die Heimat, in unser schönes Deutschland. Zweimal hätte es heute schon passieren können, denn 1 Meter von mir schlugen Granaten ein. Mir flog aber nur der Dreck ins Gesicht. Es sollte eben nicht sein. Mit Schrecken habe ich den Osten gefürchtet und voller Sorgen und Angst kämpfe ich auch hier. Nicht vor dem Tod, nein, nur vor der Verwundung u. Gefangenschaft fürchte ich mich. Denn wer verwundet ist, irrt bestimmt hilflos herum und wer in Gefangenschaft kommt, hungert, schuftet und wird gequält. Giselas Karte vom 1.7. habe ich erhalten. Nun liebe Eltern, seid Ihr, sowie Gisela und alle anderen Verwandten recht herzlich gegrüßt von Eurem Sohn
Manfred.

 

top