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Brief (Transkript)

Hans an einen Freund am 10.2.1944 (3.2002.7494)

 

Göttingen 10.2.44.



Lieber Wolfgang!

Lang, lang ist’s her, so kann ich wohl sagen, aber seit dem Tode meines unvergesslichen lieben Vaters habe ich viel durchgemacht. Es war dies für mich ein Schlag, ich kann Dir das ruhig sagen, der mich aus der Fassung brachte. Noch dazu wo ich fünf Tage danach wieder an die Front musste und härtesten Belastungen ausgesetzt war.
Heute nun kann ich Dir endlich schreiben, dass ich die Krisis überstanden habe und wieder ruhiger geworden bin. Nach einem Rückzug von Luftlinie über 500 km kam ich laut Verfügung nach der Heimat zum dienstl. Studium. Leider nicht wie ich hoffte nach München, sondern hierher nach Göttingen. Anfangs fiel es mir sehr hart, aber nun habe ich mich ganz gut eingewöhnt. Bin kaserniert, habe aber ein freies Leben, ausser Mittwoch wo man es versucht uns Gefechtsausbildung beizubringen, was wir ca. 2 ½ Jahre im Ernstfall in Russland praktisch getan haben. Aber es ist nun mal so, das ist Kommiss, da kann man nichts ändern.
Der Uni-Betrieb ist sehr lebhaft, die Hörsäle sind überfüllt, aber blos durch die Unmasse von Mädchen, die sogar manchmal versuchen, uns die Plätze wegzunehmen. Natürlich muss ich immens viel arbeiten, besonders in Physik und Chemie da ich da alles restlos vergessen habe. Noch dazu wo nun Organ. Chemie und in Physik Elektrizität gelesen wird.
Aber wie froh ich bin, endlich einmal dem Ziel näher gekommen zu sein und studieren zu dürfen kann ich Dir gar nicht sagen. Mit allen Kräften versuche ich im Herbst das Vorphysikum zu bauen. Ob ich es schaffe, ist zwar noch fraglich. Wenn nicht dann eben nach dem 3. Semester.
Wie geht es denn Dir? Schade, dass Du nicht anfangen konntest. Hoffent – geht es Dir gesundheitlich gut und ist zu Hause alles in Ordnung. Deinen letzten Brief vom Oktober habe ich letzte Woche erhalten. Ich glaube der hält den Rekord bis er mich erreichte. Hab recht herzlichen Dank dafür.
In München war ich auch mal für ein paar Tage. Wie schlecht es mit Urlaub steht, weisst Du wahrscheinlich am Besten!
Von Rupert erhielt ich eine Karte aus Garmisch. Es hat mich sehr gefreut, von ihm mal wieder zu hören. Nun jetzt bin ich ja für längere Zeit in Deutschland, einmal wird es doch klappen, dass wir uns treffen. Wann allerdings ist noch die grosse Frage.
Auf jeden Fall wünsche ich Dir von ganzem Herzen alles Gute. Lasse bitte wieder einmal von Dir was hören, es freut mich immer. Sei für heute herzlichst gegrüßt
von Deinem treuen Hans

 

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