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Brief (Transkript)

Verwandte an Theodor Körner am 11.9.1943 (3.2008.1387)

 

Hbg.-Eidelstedt, d. 11.9.43



Lieber Theo,

den 11. September schreiben wir heute und wie ein Blitz fällt es mir ein, dass ja unser Landser dort draussen heute seinen Geburtstag feiert. Entschuldige bitte, wenn unser Gruss ein wenig später bei Dir landen wird – aber glaube mir, er ist darum auch umso herzlicher gemeint.
Also, lieber Theo, wir - Otto und ich – gratulieren Dir recht herzlich und wünschen Dir von Herzen alles, alles Gute! Hoffentlich bringt Dir das neue Lebensjahr den langersehnten „Heimaturlaub!“-
Sicherlich wirst Du sehr verwundert sein, so lange ohne Post von uns geblieben zu sein, nicht wahr? Aber Du weißt, dass sich hier inzwischen viel Leidvolles zugetragen hat, wovon leider auch wir sehr erheblich betroffen worden sind. Du wirst bestimmt auf’s tiefste erschüttert sein, würdest Du jetzt unser trautes Eidelstedt wiedersehen. Auch Oma’s Haus ist dem Erdboden gleichgemacht worden und viele schöne Sachen mussten ein Opfer der Flammen werden. Am traurigsten bin ich über den Verlust meines Klaviers, die Noten habe ich aber noch schnell unter dem Arm mitnehmen können. Ja, ja die hinter uns liegenden Nächte haben eine grausame Wirkung auf uns hinterlassen – und was steht uns nun noch bevor?!
Die ersten 14 Tage nach den Angriffen sind Otto und ich jeden Abend raus nach Hasloh gefahren, zuletzt haben wir dann noch einige Tage bei Euch in der Feuerwache geschlafen und jetzt – wo wir nun am 23. Aug. ds .Js. unsere Hochzeit gefeiert haben – haben wir bei Herrn Dr. Ergenzinger im Haus ein Zimmer zum Schlafen bekommen. Kochen usw. verrichte ich in unserm notdürftig hergerichteten Treibhaus. Es muss eben alles so gut gehen, bis unser kleines Häuschen, an dessen Aufbau Otto und ich jetzt fleissig arbeiten, fertiggestellt ist, und zwar bauen wir es auf demselben Grundstück, nur ein wenig weiter zurück gelegen. Du kannst Dir wohl vorstellen im Moment führen wir ein Leben wie die Hottentotten – das Wort „Kultur“ ist erst wieder am Platze wenn wir das normale Leben in unseren eigenen 4 Wänden beginnen können. Wir hoffen, dass unser Einzug ca. zum 1. November ds. Js. erfolgen kann. Du glaubt gar nicht mit welchen Schwierigkeiten so ein kleiner Bau doch verbunden ist, wenn man vor allem, wie Otto jetzt nämlich, allein dasteht; denn Du musst wissen, hier heisst die Parole nur noch „Selbsthilfe“, weil eben der angerichtete Schaden überall so enorm ist, dass nicht jedem zu gleicher Zeit geholfen werden kann. Otto macht sämtliche Bauarbeiten ganz allein und muss nebenbei auch noch tagsüber beim Heeresbauamt tätig sein. Zum Mauern hilft uns allerdings der Sohn von Gustav Sommer und zum Abputzen der Steine und Schütten der Fundamente haben wir gefangene Russen organisiert. Siehst Du, so schlagen wir uns durch; hoffentlich ruht über allem der richtige Segen! Und wie siehts nun bei Dir aus? Du hast inzwischen sicherlich auch Schwerliches durchmachen müssen, was? Wie ist denn Deine Krankheit verlaufen, alles gut überstanden? Und wie schaut’s dort hinsichtlich der Feindtätigkeit aus? Was meinst Du denn, wird alles klar laufen und wird sich der Russe am Ende doch noch den Schädel einlaufen? Den umgekehrten Ausgang des Krieges möchte ich niemals mit-erleben. Na, Letzteres wird wohl auch fast ausgeschlossen sein und der Sieg muss ja letzten Endes uns zufallen. Die Rede des Führers gestern abend, war ja eigentlich auch ganz zuversichtlich! Also wollen wir mal weiterhin Mut und Hoffnung haben nicht wahr?
Lieber Theo, leider fehlt es mir an der Zeit, um Dir noch mehr zu erzählen, aber mir scheint, es reicht auch wohl für heute.
Gern hätten wir Dir noch sonst eine Freude zum Geburtstag gemacht, aber Du weißt es ja selber am besten, wie es mit dem Schicken hier bestellt ist. In Friedenszeiten wird eben auch diese Problem nachgeholt!
Bleib’ nun allezeit tapfer und vor allem gesund und lass Dich für heute wieder einmal beglücken mit vielen herzlichen Heimatgrüssen von
Otto und Anita
Auf baldiges Wiedersehen in der Heimat!!!!!!!

 

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