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Brief (Transkript)

Theodor Körner an seine Eltern am 1.10.1942 (3.2008.1387)

 

i.O. 1/10. 42.



Liebe Eltern und lieber Heinzi

Gestern erhielt ich Eure beiden Briefen vom 5.9. + 7.9. sowie die Karte vom 7.9. Ich habe mich sehr gefreut und danke Euch hiermit vielmals.
Wir liegen augenblicklich wenige km nordwestlich von Stalingrad und morgen geht’s endgültig zurück. Angeblich nach einem Bahnhof wo wir dann verladen werden sollen. Also hoffentlich kommt nichts mehr dazwischen! (wie schon so oft!)
Gestern abend haben wir hier die Führerrede gehört und zwar in einem Erdbunker. Ich habe dabei oft an Euch gedacht wie Ihr jetzt im Sessel sitzt, Vater die unvermeidliche Pfeife im Mund und auch die Rede hört. Dazu kommt noch vor allem die warme Stube die wir hier jetzt schon vermissen, denn es ist seit einigen Tagen sehr kalt geworden. Ja, in der Nacht müssen wir schon das Kühlwasser ablassen, damit es nicht gefriert. Abends um 6 ist es schon stockdunkel und wenn etwas früher für uns die Sonne untergeht, ist wohl bei Euch noch Badezeit oder Kaffeetrinken! Da ich gerade vom Kaffeetrinken rede, wisst Ihr ich möchte mal wieder guten Kuchen essen! Gibt es noch den „Guten“ bei Brockwitz. Ich habe im Augenblick jämmerlichen Appetit darauf!
Aber nun noch etwas anderes. Gestern bekam ich auch noch ein Geburtstagspäckchen von Tante Adele mit Zigaretten und Bonbons. Ich habe mich sehr gefreut dazu. Ausserdem bekam ich noch eine Geburtstagskarte von T. Gerda und den Brief von Anita mit Rm 5.- , die ich gerade gut gebrauchen kann, da heute nachmittag wieder Marketenderware (Sekt, Wein Schnaps, Zigaretten, Zigarren, Schokolade usw. usw.) und wir diese mit deutschem Geld zahlen müssen. Sonst gebrauche ich ja kein Geld, im Gegenteil ich werde wohl mit guten 300.- Märkchen in der Tasche bei Euch eintreffen. Mensch die 14 Tage bis zum Militär werde ich aber ausnutzen. Ihr könnt jetzt 2 Opernkarten für mich bestellen!
Mit Stalingrad wird’s bald soweit sein. Nur ein Stadtteil ist noch vom Feind besetzt!
So, nun genug von hier. Wie geht’s Euch denn? Ihr schreibt mir von einem Herzschlag von Herrn Reiser. Hier erzählt man sich von einem ganz anderen Tod!! Ebenso Bruno Duge’s Vater und andere mehr. Solche Leute haben es nicht besser verdienst. Wie roh werdet Ihr sagen, nicht wahr. Aber wenn man hier draussen steht, weiss man so etwas erst richtig zu erkennen, besonders wenn man die Soldatengräber hier sieht!!
So, nun für heute genug. Ich glaube ihr könnt Euch diesmal nicht beschweren.
Es grüsst Euch herzlich
Euer Theo

Viele Grüsse auch an Tante Wilhelmine, Onkel Rudolf, Gretel, Horst, Opa, Fam. Schröder + Groth.

 

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