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Brief (Transkript)

Robert Witzke an seine Ehefrau am 20.6.1942 (3.2002.7605)

 

Afrika, d. 20.6.42



Meine liebe Ingeborg!

Nun kann ich endlich wieder etwas von mir hören lassen. Die letzten Tage (seit Sonntag) waren eine Hetze. Am Sonntag schlugen wir uns hinter der Gazala-Stellung, also dem Tommy im Rücken, herum. In der Nacht stießen wir dann in Richtung Norden bis zur Via vor und im Morgengrauen besetzte dann unsere Kompanie, mit Unterstützung von 4 Panzern, die Straße. Pak und MGs wurden in Stellung gebracht und eine Minensperre angelegt. Die ganze Nacht war schon Kolonne auf Kolonne durchgerollt, (natürlich englische Kolonnen) - alles in Richtung Tobruk. Und auch jetzt kam es dick heran, Fahrzeug hinter Fahrzeug. Als sie dicht genug heran waren, sausten die ersten Pak-Granaten und MG-Garben in den dichten Haufen. Etwa 6 km hinter uns in der Wüste, am hohen Dschebelrand, stand die Division mit der Artillerie und 8,8 cm Flag. Ein wahrer Feuersegen ergoß sich über diese Ahnungslosen. Von der Straße bis zum Meer waren es noch mal etwa 6 km; dahin schwenkte nun alles ab, und hinter den Dünen verdeckt wälzte sich der Haufen weiter. Ital. Jäger, die uns erst irrtümlich im Tiefflug angenommen hatten, hatten sie aber auch bald entdeckt. Etwa 2 Stunden hielten wir die Straße, dann wurden wir von 2 Bataillonen einer anderen Division, die noch weiter rechts von uns marschierte und nun endlich herangekommen war, abgelöst. Diese stießen bis zum Wasser durch, und damit war dann alles in der Gazala-Stellung eingeschlossen.
Unsere Division machte nun wieder kehrt und zog nach Süden, um Tobruk zu umgehen. Schwere Gefechte gab es nun in den folgenden Tagen, doch immer wurde der Tommy, zum größten Teil aus Indern bestehend, geschlagen. Jedoch der Tommy schlief auch nicht in der Zeit. Fast stündlich wurden wir von Bombern und Jägern angegriffen. Sie hatten ein leichtes Spiel, da man sich ja hier nicht verstecken kann - und unsere Jäger wohl alle überm Mittelmeer beschäftigt waren. - Herrgott, wie das zermürbt, und dann noch bei dieser Hitze, wo man jetzt alles anbehalten muß. Und dann kann man sein, wo man will, die leichte, englische Artillerie taucht immer ganz plötzlich von irgendwoher auf und knallt einem den Laden voll. - Dann kamen zwei fürchterliche Nachtfahrten. Wer das noch nicht miterlebt hat, macht sich keinen Begriff davon. Jedenfalls haben wir mit vielen Zwischenfällen und Nachtgefechten den Flugplatz "Gambut" genommen und stehen nun wieder hinter Tobruk. Gestern hat das Btl. allein 1600 Gefangene gemacht, zum größten Teil Inder und Schwarze.
Sonst geht es mir gut, was ich auch von Dir hoffe und wünsche.
Für die Karte von der Sommerblumenschau und den Brief v. 4.6. herzl. Dank. Ich habe beides gestern bekommen, nachdem der Nachschubwagen schon einige Tage unterwegs war.
Ich wünsche Dir und den Eltern weiterhin alles Gute und lasse alle herzlich grüßen.
Dir selbst nun einen Kuß und viele liebe Grüße von
Deinem Robert.

 

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