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Brief (Transkript)

Heinz Sartorio an seine Schwester am 26.4.1942 (3.2002.0827)

 

Russland, d. 26.4.42



Liebe Elly,

ich will Dir nun den angekündigten Brief schreiben. Viel Zeit habe ich zwar auch nicht mehr, denn der Sonntag ist schon wieder fast rum und ich habe die meiste Zeit verschlafen. Zunächst also mal: ich möchte Dir dringend empfehlen, die Zeitung "Das Reich" zu lesen. In der Nummer vom 19.[?] Sind 2 fabelhafte Artikel. Einer von Dr. Goebbels "Unsere Art von Demokratie" und dann "Beschleuniger wider Willen". Ein Artikel über die Politik Amerikas. Man kann viel daraus lernen. - Deine Hoffnungen, dass in Russland eine Revolution ausbricht, wird sich wohl nicht erfüllen. 1917 war das noch möglich, denn damals bestand ja noch eine Opposition und das Volk hatte doch noch einige Freiheit. Heute ist das anders. Die damalige Not und politische Unsicherheit haben eine Reihe von politischen Gangstern ausgenutzt, um einen Schreckensregiment aufzurichten, gegen das es keinen Widerstand gibt. Ich habe auch den Eindruck, dass das russische Volk längst den Krieg und seine Regierung satt hat, aber sie können dagegen schwer etwas unternehmen, denn die politische Organisation ist ja so raffiniert, dass sie sich nicht zu einer geschlossenen Handlung aufraffen können, zumal ihnen die Führung fehlt. Wenn sich wirklich mal ein paar besonnene Männer finden, um das Volk von der bolschewistische Herrschaft zu befreien, so werden sie gleich umgebracht, da die GPU ja überall ihre Spitzel hat. Und statt eines Friedens der Vernunft, werden wieder Tausende von Menschen völlig unnötig von ihren Kommissaren in den Tod getrieben. Du kannst Dir ja gar nicht vorstellen, wie wertlos bei den Russen ein Menschenleben ist. Ich glaube eher an ein Verhungern der Russen, als an eine Revolution. - Aber dazu wird es ja nicht kommen, denn mit diesem Vormarsch werden wir den endgültigen Sieg über Russland erringen. Daran zweifelt ja nun von uns niemand. Der Aufmarsch ist wieder ganz groß und diesmal wird es vielleicht noch schneller vorwärts gehen, als im Vorjahr, denn der Russe ist ja militärisch zu sehr geschwächt. Wir werden ja nun vorläufig nicht dabei sein, denn unsere Kolonne ist wohl als Reserve gedacht und wir werden noch bis Juli/Aug. hier bleiben, wie uns unser Hauptmann sagt. Vorher soll es noch einmal Urlaub geben und zwar sollen wohl alle rankommen. Ich glaube ja nun erst daran, wenn ich den Urlaub hinter mir habe. Man ist eben zu oft enttäuscht worden. Aber Hitler hat ja in seiner Rede selbst von Urlaub gesprochen und diesmal wird es vielleicht doch ernst. Andere Kolonnen sind tatsächlich schon gefahren. Ich würde mich ja sehr freuen, denn ich wäre auch froh, wenn ich mal für ein paar Tage den ganzen Mist vergessen könnte. Aber 6 Wochen dauert es doch noch, bis wir an der Reihe sind und ob wir neuen dann auch fahren können, ist sowieso noch fraglich. Wie gesagt: allzu groß ist meine Hoffnung nicht. Aber dass wir im Herbst abgelöst werden, halte ich für sehr wahrscheinlich. Zur Besatzung werden wohl hauptsächlich unsere Rekruten bzw. die Soldaten der anderen Völker, die auf unserer Seite kämpfen, hier bleiben. Übrigens ist das immer für mich eine große Freude, wenn ich sehe, wie viele Freiwillige sich zum Kampf gegen diese bolschewistischen Unterdrücker melden. Die ganze Kulturwelt steht geschlossenen im Kampf gegen Gewaltherrschaft und Unterdrückung und der Endsieg kann nur auf unserer Seite sein, die wir für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen. Es wäre furchtbarer, wenn es anders käme, denn dann werden wir nur noch Sklaven der anderen und was man von Englands Schutz und Führung halten kann, sehen wir eher an dem Beispiel der Völker, die sich England angeschlossen hatten und jetzt für England bluten dürfen, um zum Schluss verraten zu werden, wie wir ja am besten an Frankreich gesehen haben. Selbst jetzt versucht England noch Frankreich erneut zum Kriegsschauplatz zumachen, indem es völlig sinnlose Landungsversuche macht. Na, lange wird es ja nicht mehr bis zur Endabrechnung mit England dauern. So, und nun Schluss damit. - Unser Wagen aus dem Reich ist noch nicht zurück, da er in Brest festliegt und wegen der Überschwemmungen nicht weiter kann. Hoffentlich kommt noch alles gut an.- Dann noch ein paar Wünsche: Mein Briefpapier und Umschläge werden knapp. Vielleicht kannst du etwas auftreiben. Und ein paar Feuersteine für mein Feuerzeug könnte ich auch gebrauchen. Beides eilt aber nicht besonders.
So, und nun Schluss für heute. Alles Gute und recht herzlichen Gruß auch an Fred
Heinz

 

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