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Brief (Transkript)

Ludwig Sauter an seine Schwester am 20.12.1941 (3.2002.0877)

 

Rußland, den 20.12.41


1.)

Mein liebes Schwesterchen!

Nun endlich will ich Deinen letzten Brief beantworten, den ich leider nicht mehr habe, denn die letzten Tage ist wieder einmal alles durcheinander gegangen, außerdem befinde ich mich ausgerechnet wieder einmal Weihnachten im Lazarett in Charkow und liege hier an Gelbsucht usw. Dieses Lazarett ist sehr schön und sauber und das Essen ist sehr gut, wenn auch etwas knapp, aber am schönsten ist das Gefühl, endlich einmal von den furchtbaren Läusen befreit zu sein, denn ich bin hier sofort entlaust worden. Die Ruhe und Entspannung tun mir natürlich auch einmal gut, denn ich habe ja monatelang draußen gelegen mit einem sturen, unvernünftigen und rücksichtslosen Unteroffizier. Das ist überhaupt so ein Ding. Dieser Mann will mir bei meiner Kompanie so ein Ding drehen, du kannst Dir denken, wie gut das man machen kann, es kommt ja nur darauf an, wie man die Sache auslegt. Ich hatte mich mit dem Kerl nie verstanden und kann es auch nicht ändern, was nun draus wird. Sei 8 Wochen bin ich mit wunden und vereiterten Füßen herumgelaufen und mit den Nerven bin ich auch runter, nun ich werde mich schon verteidigen, wenn es so weit ist.
Nun ist bald heiliger Abend. Hoffentlich kommt die Post hierher. Habe der Komp. geschrieben. An diese traurigen Weihnachten habe ich mich ja nun schon gewöhnt, man erwartet ja sowieso nichts mehr vom Leben, mir ist das Leben noch nie so trostlos vorgekommen wie zur Zeit. Es wäre ja alles noch zu ertragen, wenn man ab und zu einmal auf Urlaub fahren könnte, Aber auch das ist vorbei. Urlaub hat begonnen, aber wenn in 1 Woche nur 1 Mann von der Komp. fahren kann, dann kann man sich ja ausrechnen, wie lange es dauert, bis alle einmal drankommen. Also, auch diese Hoffnung ist dahin. Was soll man nun nach Hause zur Frau schreiben, die glauben das ja gar nicht? Ja, von anderen Ländern, da ist es günstiger mit dem Urlaub, aber in Rußland ist alles schwarz.
Meine Frau ist von Hellerau weggezogen nach Dresden. Die neue Adresse weiss ich selbst noch nicht, aber die Lage soll schön sein, es soll a. d. Elbe sein. Ja, was habe ich davon? Der Krieg hat ja ein solches Ausmaß angenommen, das ich persönlich noch mit Jahren rechne, weil der Russe zu stur und zäh ist und bis zum letzten Mann ausgerottet werden muss, dazu kommt die sibirisch-asiatische Frage [Taiga ?],wo sich der Bolschewist jederzeit nach Belieben festsetzen kann.
Ja mein liebes Schwesterchen, sonst gibt es vorläufig nichts Neues. Wünsche Euch allen natürlich ein besseres Neues Jahr. Deine Briefe und Päckchen kommen alle an, mache Dir keine Sorgen, wenn ich auch in letzter Zeit nicht viel bekommen habe, das liegt wohl alles bei der Komp.
Also, bis zum nächsten Brief die herzlichsten Grüße und Küsse
Dein Ludwig

 

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