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Brief (Transkript)

Rudolf Oehus an seine Familie am 26. Mai 1941

 

O. U. d. 26. 5. 1941.


Liebe Eltern und Alle!
Heute am Sonntag komme ich dazu Euch mal wieder einen Brief zu schreiben. Habt sicher schon wieder darauf gewartet. An Post hab ich inzwischen ja allerlei erhalten. Es sind 2 Briefe und 1 Karte von Mutter und 1 Brief und 1 Karte von Vatern, hab mich sehr dazu gefreut. Hier ist diese Tage sehr schönes Wetter, es ist richtig sommerlich, sitze jetzt hier draußen vor unsere Unterkunft im Schatten und schreib diesen Brief. Vorgestern hatten wier eine Nachtübung, bei dem guten Wetter hat es ordentlich Spaß gemacht. Gesternabend haben wier eine Battr. Feier gehabt, gab allerlei zu Trinken, nur ich konnte nicht richtig aktiv dran teilnemen, denn ich hatte Stallwache, war nur eine kurze Zeit dabei. Kantine haben wir noch nicht, hatte auch lange kein Bier mehr gehabt. Der Dienst geht hier seinen gewöhnlichen Gang weiter. Wie lange wir hier noch bleiben, und wohin wir kommen hat keiner Ahnung von. Wilhelm und ich werden wohl den selben Weg antreten müssen? Wann muß Henry denn Soldat werden? Mit Wilhelm seinen Urlaub wird wohl auch nichts. Hier fährt auch keiner auf Urlaub, alle die mit mir und schon ein paar Monate früher eingezogen sind, ist noch keiner von auf Urlaub gewesen. Ich hab doch verhältnismäßig noch mal Glück gehabt, ob es auch nicht lange war. Wenn wir sollten noch mal zum Einsatzt kommen, wird es mit dem Ernte-urlaub wohl schlecht ausfallen, aber man kann ja noch kein Urteil sprechen. Wir warten jeden Tag drauf das es hier weggeht, ihr wißt ja wie das ist, man will immer noch mal wieder was anderes sehen, obwohl man sich hier auch schon wieder an alles gewöhnt hat. Wenn dieses Lager erst mal richtig ausgebaut ist, ist es hier auch ganz schön, nur das man etwas von der Welt abgeschlossen ist. Die Juden müssen hier aber schwer am Aufbau des Lagers helfen, es wird sehr streng damit umgegangen. Komisch war es uns die erste Zeit als jeder Jude den Hut vor uns absetzte, dieses ist Pflicht für ihnen, aber man darf sie nicht wieder grüßen. Sie sind alle durch eine Armbinde gekennzeichnet. Die Zahlkarten hab ich auch erhalten, kann diese aber ja gar nicht gebrauchen, es geht doch nur auf Postanweisung. Lieber Vater, mit deinen Zigarren sieht schlecht aus, werde diese wohl noch hier verschenken müssen. Denn es dürfen keine Päckchens mehr von hier geschickt werden. Dumme Angelegenheit, nicht wahr? Von Muttern muß ich aber noch etwas haben, und das ist eine Turnhose ins nächste Päckchen. Will jetzt schließen.
Es grüßt Euch herzlich Rudolf
Gruß an ganz Oehus und an Stephan.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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