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Brief (Transkript)

Mutter an ihre Söhne am 17.04.1945 (3.2002.1238)

 

Waldkirch, den 17. April 1945.



Meine lieben Buben!

Ich will doch versuchen, ob noch ein Brief durchgeht. An Konrad konnte ich den Brief vom letzten Sonntag ja nicht mehr schicken, über Offenburg hinaus war es schon gesperrt. Gestern erledigte ich als letzte auswärtige Angelegenheit einen Gang nach Föhrental, wo ich noch Obst schuldig war. Heute Morgen hiess es, die Franzosen stünden in Haslach, heute Nachmittag in Kenzingen. Es werden nochmals Lebensmittel und Stoffwaren ausgegeben, und die Bevölkerung ist ganz narret. Viele haben den Kopf völlig verloren und kaufen blindlings vor, z.B. Fleisch! Es hat geheissen, dass Waldkirch nicht verteidigt würde, für uns persönlich wäre das ein gewisser Vorteil, wir hätten doch Aussicht, dass das Haus stehen bliebe und mehr erhalten werden könnte ¬je nach dem Charakter der hergelegten Truppen. Das für mich schwerste wäre dabei, dass ich voll Euch abgeschnitten wäre. Wendet Euch an Sophie Weltin, Konstanz, Luisenstr. 8., mit ihr kann ich noch am ersten in Verbindung treten durch Bürgis. Ich schicke auch Ihr nochmals Eure Anschriften mit der Bitte, Euch zu schreiben, wenn sie weiss, dass wir abgeschnitten sind.
Um Euch Alle bin ich in begreif1icher Sorge. Dass von Konrad seit 20.2. nichts mehr da ist, ist verständlich, das ist nicht bedenklicher als bei jedem anderen. Ich weiss eben, dass er in irgend einem Einsatz ist, und kann nur um Gottes Schutz und Hilfe dabei beten. Von Bernhard kam ein Brief vom 13. 3. Ich bin froh, zu wissen, dass Du einmal wieder im Gottesdienst warst und die
hl. Sakramente empfangen konntest. Inzwischen hat ja auch bei Euch die Offensive begonnen, und Du wirst wohl mitten drin stecken. Dasselbe ist von Franz zu vermuten, von dessen Gebiet immer wieder gemeldet wird. Behüt Euch Gott an miteinander und gebe uns ein gesundes Wiedersehen. Am letzten Montag wurden hier einige Phosphorbomben geworfen. Das Haus von Bürgermeister Kellmayer brannte - es wendet sich ihm grosse Teilnahme zu. Schlimmer ist, dass ein Mann verbrannte und 2 kleine Buben an ihren Brandwunden starben. Die anderen Schäden sind geringer, wenn auch ich mich weidlich kränken würde, wenn mir Bäume im Garten verbrannt wären, wie dies bei Walters war. Am Donnerstage war Vikar Völker da und am Samstag Tante Agnes, Sie lassen Beide Euch herzlich grüssen. Hier ist der Willmann Otto gefallen, und der 2. Sohn von Frau Metzger Funk .Dem grossen Buchsbaum neben der Waschküche fehlen an der hinteren Seite
die äste es ist zu schattig dort. Nun will ich Schluss machen, damit die Briefe noch fortkommen. Wenn ich eine Zeitlang nicht mehr Euch schreiben kann, so wisst Ihr doch, dass ich ständig an Euch der denke und für Euch bete. Wir wollen uns in Gottes Willen einfügen und über der Gewalt dieser Zeit die Ewigkeit nicht vergessen mit ihren Forderungen und Verheissungen. Wenn man nicht daran dächtemes wäre nicht zu ertragen. Was auch für Leiden über jedes von uns kommen, wir wollen sie annehmen aus Gottes Hand, und, wenn er es für recht hält ,damit Sühne leisten für so vieles, was an Unrecht geschehen ist. Es gibt eine Gerechtigkeit und einen Ausgleich, das Leiden wird uns einst als der kostbarste und fruchtbarste Teil unseres Lebens erscheinen. So Segne Euch Gott der Herr und behüte Euch, und alle seine Engel und Heiligen mögen mit Euch sein.

 

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