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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Frau am 12.01.1943 (3.2013.355)

 

Berlin, 12.1.1943.



Mein geliebtes Fraule!
So ein lieber Brief hat mich heute hier erreicht und unendlich froh gemacht. Hab allerliebsten Dank dafür, mein Goldmädele! Wie reizend sind die Bilder, und welches Glück, daß Herbert gerade aus der Tür gegangen war, als ich den Brief öffnete. [Einschub: sein Geburtstag am 25. Januar!] Ich hätte sie ihm faast [sic!] unfehlbar gezeigt. Es ist ja ein Glück, daß daß des [sic!] eingedrungene Licht nicht mehr Schaden angerichtet hat. Der kleine Wicht mit der Schiffchenmütze ist ganz allerliebst. Ich schau hier immer an meinem Schreibtisch auf Euch, meine 4 Blondköpfe. Die Gruppe ist doch ganz entzückend und ich bin so glücklich, daß Ihr mir nun jeden Tag von früh bis Abend bei der Arbeit zuschaut!
Dap Christoph ein „Kulturbild“ malen will, ist ja wirklich reizend. Ich bin nun natürlich richtig gespannt, was das wird! Eichen rufe ich nachher an, um ihr gleich deinen Dank mitzuteilen, bevor noch dein Brief kommt. Denk dir, dein Brief ist Montag 10 Uhr gestempelt, und war heute, Dienstag früh, schon in meiner Hand. „---- 1000 mal so hoch und so geschwind die Gedanken treuer Liebe sind!“
Ich habe eben einen reizenden Besuch gehabt, der dich herzlich freuen wird: Hans Gallwitz! Er kam von der Geologentagung aus Bonn, auf der auch Ilse Plewe war (!), und war vorher über Weihnachten in Wien. Dort geht alles gut. Nur Klaus soll nun dich vom Hause weg. Ich habe Hans gleich mit Herbert in Verbindung gebracht, der ihm erschöpfend Auskunft über die Schule in Templin geben konnte, an der Ernst Lehm ja Studienrat ist und die einen ausgezeichneten Ruf hat. Hans ist übrigens zu Neujahr Oberregierungs-Baurat geworden (Oberstleutnant-Schulterstücke!), das haben wir gleich beim Mittagessen gefeiert. Er hat sehr nett von Norwegen erzählt, wo er jetzt ja fast schon 1 Jahr tätig ist. Wilm haben wir auch von hier aus angerufen – wußtest du, daß seine Frau Helli einen 2. Buben zur Welt gebracht hat? Er ist in der Batschka geboren, wo Helli zuhaus ist. Wilm geht’s nach längerer schwerer Krankheit (Kopfnerven!) wieder recht gut. Die Mutter Gallwitz und Grete Paquin waren kürzlich hier. Rosemie geht es gut in England. Ihr Mann hat eine Autoreparaturwerkstätte. Hilla ist auch drüben, ist Reitlehrerin und soll einen Stall mit 10 Pferden haben. Es scheint ihnen, soweit die gut getarnten Nachrichten über die Schweiz das erkennen lassen, recht gut zu gehen. Ruth hat viel Arbeit, ist aber wohl. Die Wiener Wohnung sei ganz ausgezeichnet. Im Übrigen tragen sie sich mit dem Gedanken, doch wieder nach Dresden zu ziehen, sobald die jetzigen Mieter das Haus räumen, das nicht verkauft ist!

Ich hatte mit Eichen einen schönen Sonntag. Der italienische Film war ausgezeichnet! Carmela ist ein Mädchen, das durch eine Liebesenttäuschung wahnsinnig geworden ist und nun durch einen in ihren Geschäftskreis tretenden Offizier, der sie an ihren ersten Verlobten irgendwie erinnert, durch die gespielte Wiederholung des Erlebnisses wieder zu Verstand und Glück kommt. Die Irre spielte ganz unübertrefflich dies Schauen ins Leere und dies Schwanken zwischen Stumpfheit und wildester Leidenschaft. Auch filmtechnisch war das Ganze ein Genuß. Leider kam ich mit der Sprache diesmal nicht so mit wie sonst. Man hat auch darin seine Tage, you know! Zum Essen und Kaffee waren wir dann bei Gerda Herder, 4 Hesselbärthe und ich, und haben uns sehr wohl gefühlt. Es gab Szegai-Gulasch, das ihn [sic!] Weinkraut mit Fleisch gemischt, und Kartoffel, herrlich einfach! Und riesig Kuchen zu echtem Bohnenkaffee, zu nett.
Mit Eichen war ich dann noch bei Christen und Sieg, die uns auch noch mal bewirteten. Das Peterle ist ja ein reizengender Kerl. Er spricht so goldig, ist äußerst munter und unternehmungslustig, zu nett.
Weißt du übrigens, daß wir 1944 Frieden haben werden - ach habe ich dir am Sonntag geschrieben? Ich habs schon so vielen inzwischen vorerzählt, daß ich hetzt garnicht mehr weiß, ob du es im Sonntagsbrief erfahren hast. Also (es beginnt leider mit einem Fehler: [sic!]

Napoleon geboren 1760
Hitler ‘‘ 1889 > 129 Jahre
Franz. Revolution 1789
Deutsche ‘‘ 1918 > 129 Jahre
Napoleon Kaiser 1804
Hitler an der Macht 1933 > 129 Jahre
Napoleon in Wien 1809
Hitler in Wien 1938 > 129 Jahre
Napoleon in Russld [sic!] 1812
Hitler ‘‘ 1941 > 129 Jahre
Wiener Kongress 1815
Hitlers Frieden 1944 > 129 Jahre

Ein besserer Beweis ist doch nicht möglich!
Leb wohl, ich muß zum Kolloquium! Alles alles Liebe,
[Rand:] mein Fraule u. ein innig liebe Küßle von deinem alten Woi

 

 



Ansicht des Briefes

 

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