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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Frau am 19.09.1942 (3.2013.355)

 

Berlin, 19.9.42.



Du mein geliebtes Fraule!
Das Zünglein der Waage – wenn das nicht wäre! Heute früh kam ich – zu früh! – mit meinen Wochenendhoffnungen zum Portal der Dienststelle in dem Augenblick, als der General vorfuhr! Ich grüßte, ging die Treppe vor ihm rauf, da entwickelt sich folgendes Gespräch:
General: „Der Koffer läßt auf ein schlechtes Gewissen schließen!
Hauptmann: „Inwiefern, Herr General?“
General: „Nun, dadurch dokumentieren Sie doch, daß Sie heimlich übers Wochenende irgendwie ausreißen wollen mit der Bahn..“
Hauptmann: „ Nein Herr General! Ich fahre zum Paddeln auf die Oberspree bei Fürstenwalde.“
General: „Ja, aber Sie hatten doch irgendso eine Reise vor in diesen Tagen…“
Hauptmann: „Jawohl, Herr General. Ich sollte zur Teilnahmen am Arktischen Kongress nach Kopenhagen fahren.“
General: Ach richtig, da haben Sie wieder rausgeknobelt, daß man da noch gut zu essen kriegt und deswegen wollen Sie hin. Warum fahren Sie denn nicht?“
Hauptmann: Die Tagung ist um 1 Woche verschoben worden und da Herr Oberst Thielebein dann auf Dienstreise ist, darf ich wohl nicht weg.“
General: Aber, meinethalben um Gotteswillen fahren Sie schon, sagen Sie’s Thielebein!
Hauptmann: Gehorsamsten Dank, Herr General“
General (in der Tür verschwindend): „Majore!“
- Ende des Gesprächs –
Was sagst du nun? Ich habe es sofort Th. wortgetreu berichtet, er hat schallend gelacht, ich holte gleich die Papiere wieder vor, ermittelte beim Reichserziehgsministerium [sic!] nochmal die genauen Tagungszeiten u. brachte das Ganze Thielebein: „Ja, der General hat mich auch schon angerufen deswegen, geben Sie her“ und jetzt läuft also alles ordnungsgemäß und wenn nichts dazwischen kommt, wird ich also Samstag, den 27.9. abreisen!!!
Siehst du, das eine % Wahrscheinlichkeit hat gegen die 99% Unwahrscheinlichkeit gesiegt! Wie steh ich da!!
Und noch etwas Erhebliches gibt es zu berichten. War gestern vom Auswärtigen Amt zu einem Mittagessen eingeladen, 20 Professoren, in Hotel Esplanade!!! Es war eine große Sitzung im Ausw. Amt, mit zahlreichen auswärtigen (deutschen) Historikern u. Geografen (Hassinger, Bobeck, Quelle,) [sic!] zu der ich als milit. Vertreter und Fachmann geladen war, die dauerte von 10 Uhr bis abends 6 Uhr, unterbrochen durch das Essen an einer richtigen runden Tafel, beginnend mit Vermouth, dann Fleischbrühe in Tassen (!!), dann Muschelsalat köstlichster Zubereitung (mit Äpfeln!), dann Forelle in Fett schwimmend überköstlich, dann süßspeise, deliziös, dazu Rotwein, einen Mosel mit unvorstellbarer Blume und Kümmel und Zigarren. Wie recht hat Hennessy, daß wir unere Buben Diplomaten werden lassen sollen!
Gestern abend fand ich dein liebes Kärtle von der „Nähbank“, hab innigsten Dank! Schaff nur nicht zu viel, wenn die Amarie nicht da ist, gelt! Wir wollen heut wieder auf die Schau, der Wind hat sich gelegt, die Sonne hat etwas heraus geschaut!

[Rand:] Hoffentlich hast du’s auch bißle schön! Leb wohl, Liebste, nimm ein ganz innig liebes Küßle von deinem alten Woi
Vorgestern Abend in einem ital. Film „Reisende Mädchen“ sehr gut unterhalten. Ich schreib noch davon!
Extra für Martin!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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