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Brief (Transkript)

Martha Panzer an ihren Mann am 03.07.1942 (3.2013.355)

 

Heidelberg, 3.7.42



Mein Liebster!
Schon ist es abends und aus dem so völlig verregneten und dicht vernebelten Tag ist ein sonniger, klarer Abend geworden, der mich noch hinauslockt. Ich hatte gehofft, H.d.H. würde anrufen und einen kurzen Ganz mit mir machen, aber er ist nicht mehr sehr bereit dazu und wir sehen nicht und sprechen und nur ganz selten, kurz und sehr nüchtern, so aus aller Arbeit heraus.
Ich leide sehr darunter, weil ich den Eindruck habe, daß der Freund nicht ehrlich zu mir ist, daß er sein Nichtkönnen irgendwie tarnt, weil er nicht will, und ehe darüber keine Klarheit habe, bin ich traurig und irgendwie noch einsamer als zuvor. Du verstehst das gewiß, so wie ich Dich verstehe in dem, was Du mir von Ruth schreibst. Ich habe auch viel über sie nachgedacht und glaube bestimmt, daß es richtig wäre, jetzt ganz ihrem Gefühl, dem fraulichen, nachzugeben und diesen Freund zu erhalten. In diesem Alter ists wohl wirklich noch echtes, inniges, aber doch auch wohl endgültig letztes Lieben und ich meine, dem solle und müsse Ruth nachgeben, damit sie glücklich wird. Dies zu versäumen bringt doch wohl nur Bitternis, das dann im ganzen Leben spürbar bleibt und uns so voller Mitleid mit den sog. „alten Jungfern“ erfüllt. Ich glaube, daß der Altersunterschied, der doch wohl auch nicht allzu groß sein kann, keine entscheidende Rolle spielt, daß Reife und Unreife in wirklichen Lieben sich nicht bekriegen, daß vielmehr ein einzig möglicher Ausgleich gerade in der Liebe liegt. Und Ruth muß einmal wirklich lieben, dann aber mit Entscheidung zur Ehe, sonst ists zu spät und ihr Intellekt wird ihr immer eine nochmalige Lockerung und Lösung ins Frauliche verschließen. Ich glaube sie jetzt gut genug zu kennen mit allen ihren Möglichkeiten, ihren Stärken und Schwächen und bin sicher, daß jetzt und hier ihre Entscheidung für oder gegen die Ehe zu fallen hat. Ich wäre für die Ehe -
Was mich nur wundert ist, daß Du den Freund noch nicht kennen lerntest, was steht dem entgegen? Du könntest doch dann viel mehr Dein Urteil bilden und raten und helfen.
Als ich Deinen kleinen wehrmütigen Zettel las, mußte ich an Deine schönen, ehrlichen Tagebuchaufzeichnungen aus Gießen denken und wie doch derselbe Geist, das gleiche tiefe und weiche Empfinden daraus sprach. Bist halt doch mein liebebedürftiger, sensibler und gütiger Woi geblieben, der es oft nötig hat, daß er seinen Kopf in meinen Schoß legt und das Silbernäßle gestreichelt bekommt, gelt?
Und Dein Sohn Johannes ist ganz wie Du! Gut, daß ich wenigstens einen zu verwöhnen habe, wenn ichs auch lieber bei all meinen 4 Männern versuchte! Bleib mir nur so, Geliebter, und laß uns auch in der Trennung alles gemeinsam in Freud und Traurigkeit zusammen durchstehen, dann soll die Wiedervereinigung im Frieden uns umso dankbarer und glücklicher finden.
Heute Abend habe ich wieder Butzbach angemeldet, obs diesmal kommt? Mutter Hesselbarth schrieb, daß sie nächste Woche einige Tage hierher kommen wolle, da werde ichs ihr sehr sehr nett machen u. endlich mal eine Gelegenheit haben, sie zu verwöhnen und ihr ihre Liebe und Fürsorge zu entgelten; ich freue mich sehr darauf. Sonntag will sie in Butzbach sein!
Heute rief mein 13. Patenkind, Oberst Weiß an, der kurz in Urlaub ist und morgen die erweiterte Panzerkompanie besichtigen will. Spechts sind noch nicht aus Gastein zurück, eben noch am Bodensee zur Nachkur.
Sascha und Frau Mokk sind wohl erholt zurück. Ich schenkte Sascha zum 20. Juni, ihrem Geburtstag auch „Heidelberg und das Neckartal“ mit einer Widmung von uns beiden, ists recht? Sie war sehr erfreut und ist wieder ganz die Alte, beide Frauen, sowie die ganze Nachbarschaft, auch Fr. Zenker, Meiers, Vogelers, Frau Burckardt u. s. w. sind von Martin einfach begeistert. Jetzt hat er seit heute sein Geburtstagsgewicht überschritten und lächelt zur Feier des Tages immer mit mir, wenn er satt und zufrieden ist. So etwas Edles von einem Gesichtchen gibts nicht noch einmal, man kann sich nicht satt an ihm sehen, an diesem ruhigen, ernsten und klugen Augen, an diesem wonnigsten, süßesten Mund. Viele viele Küsse geb ich ihm immer und drück ihn, bis er grunzt, ich bin jedesmal völlig zerronnen vor Glückseligkeit, kannst Du das verstehen?! Wenn ich ihn nur für Dich filmen könnte, Du versäumtest alle Arbeit vor Entzücken, genau so wie die A-marie, die nicht weicht, wenn sie bei ihm ist. Vor ihrer Zärtlichkeit werde ich ihn einmal am meisten schützen müssen! Vorläufig darf sie ihn ja noch nicht haben; sie gibt ihn mir nur neuerdings morgens nach 6 Uhr ins Bett, wenn er in meinem Zimmer zu sehr brüllt. 3 x war es schon 7 Uhr, als er erwachte! Es ist zu nett, wie verschieden die Urteile über die Ähnlichkeit des Knäbleins sind. 50% sagen: „ganz wie der Vater“, die andere Hälfte sieht in ihm den zweiten Christoph. Ich finde diese Mischung ganz besonders gelungen und verheißungsvoll. Augen, Nase, Ohren, Hände und Füße jedenfalls sind den Deinen gleicht, das ist sicher; er wird ein sehr großer Mann werden –
Dank fürs heutige Blumenkärtle mit […] und für all die dicken Briefe, die bereits verarztet sind; dafür war dieser Regentag sehr geeignet. Deine kleinen
[Rand:] Zeichnungen waren eine helle Freude, auch für Johannes, mehr wollen wir garnicht! Liebevollsten Dank! Guts Nächtle, ich muß Butzbach wieder abmelden, schrecklich ist das. Am liebsten riefe ich wieder Bahn an!!!
Laß Dich liebhaben und ganz inniglich küssen.
Spüre die Nähe und Liebe
Deine getreuen Wuiles

 

 



Ansicht des Briefes

 

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