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Brief (Transkript)

Annemarie Seifert an ihren Freund Erich am 11.12.1939 (3.2002.7118)

 

Sagan, den 11.12. 39.



Mein geliebter Erich!

Heute schicke ich Dir das erste Päckchen. Und des soll gleichzeitig eine Weihnachtsfreude für Dich sein; denn ich glaube kaum, daß wir uns Weihnachten sehen werden. Es ist erst das zweite Weihnachtsfest was wir zusammen feiern könnten und müßen es so traurig an uns vorüberziehen lassen. Trotzdem es doch ein Fest der Freude und des Friedens sein soll. Aber dieses mal trifft nicht eines davon zu. Liebster Erich, Du bist so weit von mir weg, musst vielleicht gar kämpfen. Ach Erich, ich darf gar nicht daran denken. Und trotzdem werde ich immer bei Dir sein. In diesen Tagen werden wir uns noch näher stehen als sonst. Eines noch laß Dir sagen. Liebster, daß ich Dich nie, nie vergessen werden. Und wenn Du auch noch so weit entfernt bist, um so nähr bist Du mir. Dieses soll Dir ein liebes Weihnachtsgeschenk sein.
Mein Erich hoffentlich freust Du Dich über das das Päckchen. Mehr konnte ich Dir nicht schicken; denn es darf nicht schwerer als zwei Pfund. Die Stützel habe ich Dir gestrickt, weil ich annahm, daß Du sie doch sicher brauchen kannst; dem auf dem Motorad zieht’s doch wie Hechtsuppe. Lieber Erich, dann hat Dir das Christkind noch einen Atlas gebracht. Weißt Du einen, wie Du ihn bei Martin gesehen hast. Erich, freust Du Dich darüber? Ach wenn ich doch bei Dir sein könnte, oder Du bei mir. Erich wirst Du Urlaub bekommen? Ich hörte mal so was Ähnliches. Wenigstens zu Neujahr. Ich drücke Dir alle beide Daumen ganz feste. Vielleicht klappt es. Auch Deine Eltern werden sehr traurig sein. Das erste mal ohne ihren Erich. Es wird dieses Jahr in ganz Deutschland ein trauriges Weihnachtsfest sein. Hoffen wir daß das nächste um so schöner wird.
Mein Erich wie geht es Dir noch? Bis Du noch in Privatquartier. Hast Du es gut getroffen? Erich, Du schreibst so wenig. Habt Ihr sehr viel Dienst? Aber sei nicht allzu traurig. Es kommt wieder einmal eine andere Zeit. Gelt, Liebster, das vergißt Du nicht. Denn Du kennst doch das schöne Sprichwort „nach Regen folgt wieder Sonnenschein. Erich, dieser eine Satz soll unser Begleiter sein fürs ganze Leben. Ich glaube dann werden wir auch die schwersten Zeiten meistern. Erich, glaubst Du das auch?
Und lebe wohl, Erich, und verlebe das Weihnachtsfest trotz allem in Freude. Und denke ein ganz klein wenig auch an Deine Dich ewig liebende
Annemie

Denke Dir Erich, Otto und Else Jaur haben sich jetzt auch verlobt. Es war aber auch Zeit. Ich wünsche es Otto von ganzem Herzen.
Martin hat auch geschrieben. Ich schicke Dir den Brief mit. Muttel schreibt Dir selbst. Erich wenn Du schmutzige Wäsche hast, schicke sie ruhig her. Du bekommst sie umgehend zurück.

 

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