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Brief (Transkript)

Annemarie Seifert an ihren Freund Erich am 02.09.1939 (3.2002.7118)

 

02. September 1939.



Mein lieber Erich!

Endlich, endlich dürfen wir uns wieder schreiben. Aber dafür wird jetzt alles wieder nachgeholt. Lieber Erich für uns ist jetzt eine sehr schwere Zeit angebrochen. Ich glaube, daß es so kommen wird, hatten wohl die wenigsten geahnt. Auch ich habe immer noch eine ganz kleine Hoffnung gehabt, daß alles noch einmal gut ablaufen würde. Aber leider. Liebster, für Euch Soldaten ist wohl jetzt die schwerste Zeit gekommen; denn wisst ihr denn ob ihr jemals wieder aus diesem Hexenkeßel herauskommen werdet?
Lieber Erich meine Gedanken belgeiten dich immer, wo Du auch bist. Es vergeht fast keine einzige Minute, wo meine Gedanken nicht bei Dir, mein [...], sind.
Lieber Erich, meine Gedanken müßen Dich vor jedem Unheil, was Dich treffen könnte, schützen. Du musst immer wieder Gesund und freudig zurückkehren, zu mir, zu Deiner Lusch. Liebster, was soll mir das Leben ohne Dich?? Es wäre für mich wertlos geworden.
Unser lieber Führer hat wieder einmal prima gesprochen. Die anderen Staaten könnten sich tatsächlich davon nur eine kleine Scheibe abschneiden, und ich glaube sie hätten dann die ganze Sache mit anderen Augen gesehen. Aber so wird ihnen tatsächlich Hören und Sehen vergehen, wie unser Führer sagte. Überhaupt dieses günstige Angebot, welches Adolf Hitler den Polen stellte, einfach nicht zu beantworten, war tatsächlich die Höhe der Frechheit. Aber die Polen wussten eben ganz genau, daß ihnen dadurch der Korridor verloren geht. Ob sie angenommen hatten, mit der Waffe Ober-Schlesien und Schlesien bis Berlin zu erobern?? Da haben sie sich aber gewaltig in den Finger geschnitten. In Gegenteil, ganz Posen werden sie jetzt dadurch verlieren. Nur für uns kostet es eine Menge junger Menschenleben, und die, welche es gerade trifft ist es sehr bitter.
Lieber Erich, auch von Deinen Eltern habe ich wieder einmal Nachricht bekommen. Elsi hatte geschrieben. Sie bangen sich auch alle sehr um Dich. Ellsi schrieb am Schluß auch einen Gruß von Ihrem Männe mit. Ob sie auch einen festen Freund hat? Ich würde es Ihr wünschen; aber er muß genau so lieb gut zu Ihr sein wie Du bist. Sonst soll Elsi lieber die Finger davon laßen.
Und zum Schluß mein Liebster, ach ich könnte Dir noch so viel erzählen; aber ich schreibe Dir bald wieder einmal.
Hoffentlich trifft Dich mein Brief noch in voller Gesundheit an. Lieber Erich ich habe nur den einen Gedanken „komm wieder“
Es küsst Dich innigst
Deine Lusch.

Im übrigen für deinen lieben Kartengruß, habe vielen Dank. Er war doch wieder einer heller Schein in den trüben Tagen. Auch Muttel wünscht Dir alles Gute und sie fährt nicht eher weg, als bis sie Dich wieder hier bei uns weiß. Deine Annemie u. Muttel.

7./9.39.
Liebster, eben habe ich Dir den anderen Brief für Dich fortgeschickt, und da kommt dieser hier zurück. Ich schicke Ihn Dir aber gleich wieder hin. Denn ich weiß daß Du Dich darüber freust. Und Freude hast Du auch jetzt so wenig. Viele Grüße Deine
Annemie.

 

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