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Brief (Transkript)

Edgar Steuerwald an seine Eltern am 13.09.1941 (3.2002.1234)

 

Rußland, den 13. Sept. 1941.



Meine lieben Eltern!

Heute ist der 2. Tag, an dem wir schon wieder vorne sind. Ich habe mir Schreibpapier besorgt und möchte Euch ein paar Zeilen schreiben. Es ist Formittags, ungefähr 1100 Uhr. Die Sonne sendet ihre Strahlen zur Erde. Es ist unheimlich warm. Ich sitze hier in meinem Erdloch und spiele einen Beobachtungsposten. Die russische Artillerie spendet uns reichlichen Feuersegen, d.h. nicht uns, sondern unserer Artillerie, die einige Kilometer hinter uns ist. Ab und zu schießt er mit Zigeunerartillerie (Granatwerfer). In diesen beiden Tagen haben wir Gott sei Dank noch keine Verluste. Unsere Unterstände sind z. teil sehr gut. Sie wurden von gefangenen Russen gegraben, die hiervon sehr viel verstehen. Nun läuft bei uns eine Parole herum, die sich schon bei uns eingebürgert hat. Und zwar soll unsere Division in 6 - 10 Tagen abgelöst werden. Wir sollen aus der vordersten Linie herausgezogen werden und ein ganz beträchtliches Stück rückwärts kommen. Verschiedene behaupten ja, daß wir nach Deutschland kommen sollen. Ob man diesen Parolen Glauben schenken kann, weiß ich nicht, ich glaube kaum. Wenn es der Fall sein würde, würde ich mich sehr freuen. Vielleicht kann man dann sogar mit Urlaub rechnen.
Vorgestern habe ich Euren Brief vom 16. 8. erhalten. Habe mich zu Euren Zeilen sehr gefreut. Ich kann es gar nicht begreifen, daß die Post so unregelmäßig geht, denn ich schreibe bestimmt so viel ich kann und mir geboten wird. Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen. Es gibt ein Sprichwort, das heißt: Unkraut vergeht nicht. Und so ist es auch. Jede Kugel trifft ja nicht, obgleich sie gezielt wird.
Nun schreibt Ihr, daß mein Päckchen mit Pralinen wieder zurückgekommen ist. Das ist sehr schade, denn ich habe mich schon riesig darauf gefreut. Ich möchte Euch aber den Rat geben, es des öfteren bei der Post abzugeben, denn Päckchen bis zu 100 Gr. erreichen uns doch, trotzdem wir sehr weit wegliegen. Ich möchte Euch ja gerne verraten wo ich bin, aber leider darf ich es nicht. Ich kann Euch aber den Tip geben, daß wir am weitesten in Rußland drin sind. Vielleicht könnt Ihr es Euch denken.
Nun schreibst Du, liebe Mutti, von Tante Hannchen. Ich habe schon 2 x an Tante Hannchen geschrieben, jedoch bin ich immer ohne Antwort geblieben. Wenn sie meine Briefe nicht beantworten kann, dann kann sie mir gestohlen bleiben! Ich habe auch mit den Leuten nicht viel im Sinn. An Horst habe ich sehr lange nicht geschrieben. Ich weiß auch gar nicht seine Adresse. Tante Frieda hat überhaupt noch keine Post von mir bekommen. Die einzigen, die ich schreibe, ist Familie Hans Hochfeld in Greifswald. Es sind sehr nette Leute. Sie schreiben auch immer Antwort und ich habe schon sehr oft von diesen Leuten ein Päckchen bekommen. Väti muß doch Familie Hochfeld kennen, ich denke, es ist sein Cousain?
An Onkel Paul und Tante Meta habe ich auch sehr lange nicht geschrieben. Sie schreiben ja auch kaum Antwort.
Nun meine lieben Eltern, möchte ich schließen! Hoffen wir, daß es recht bald wieder nach Deutschland geht, denn auf die Dauer hält man es hier nicht aus. Drückt bitte beide Daumen, vielleicht wird etwas aus Urlaub.
Ich habe noch eine Frage! Wieviel Geld habe ich eigentlich auf die Sparkasse mit den Rm 60.- die ich geschickt habe? Teilt es mir bitte im nächsten Brief mit.
Für heute seid nun 1000 x gegrüßt + geküßt von Eurem
Edgar

Schreibt bitte recht bald Antwort!

 

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