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Brief (Transkript)

Paul Wortmann an seine Eltern und Geschwister am 04.07.1942 (3.2002.0935)

 

Russland, 4.7.42


Liebe Eltern und Geschwister!

Heute habe ich Wache und Gelegenheit, ein Briefchen an Euch zu schreiben. Von Vati erhielt ich gestern einen vom 18.6.
Gestern war nach langer Zeit mal wieder Frühsport, es war ganz prima und mir tun noch die Knochen weh davon. Wir spielten dann Kampfball. Anschließend wurden wir gegen Ruhr geimpft und man hat dann immer eine unsymetrische Brust.
Das Leben ist hier fast kasernenmäßig und außer dem „Bomber vom Dienst“ merkt man nicht viel vom Krieg. Ihr werdet staunen: Vorgestern war ich im Theater! Typisch sowjetischer Kitschbau, aber die ukrainischen Darbietungen hatten es in sich. Es waren rassige Volkstänze und Balalaika-Musik. Die Originaltrachten waren sehr interessant. In wenigen Tagen schicke ich Euch wieder ein paar Bilder. Könnt Ihr mir keine Filme besorgen? Mein Filmvorrat geht zur Neige. Eberhard soll nicht „Funker“ auf eine Feldpostadresse schreiben. Meine Couverts werden auch immer weniger. Könnt Ihr mir nicht Feldpostbriefe schicken? Das Zeug wird ja in der Heimat auch sehr knapp. Schreibt mal, wenn meine Uhr aus Weimar ankommt.
Falls ich im Winter Urlaub bekommen sollte, hätte ich großes Glück gehabt. Meinhard hat Euch sicher von den Urlaubsverhältnissen in der Kompanie erzählt. Traurig, traurig! Einmal ist aber auch der längste Krieg zu Ende und dann sehen wir uns ja wieder.
Ich habe außer den obengenannten keine Wünsche mehr. Wenn Ihr regelmäßig schreibt, habe ich die größte Freude. Eigentlich habe ich doch noch einen Wunsch und er wirkt komisch: eine Karte von Russland! Vom Einsatzgebiet habe ich immer genaue Karten, aber von Gesamt-Russland keine. Sie braucht gar nicht so groß zu sein! Und noch einen Wunsch:
Dass es Euch gut gehen möge!
Paul

 

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