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Brief (Transkript)

Paul Wortmann an seinen Vater am 27.05.1942 (3.2002.0935)

 

Russland, 27.5.42



Lieber Vater!

Entschuldige bitte, dass die Post von mir nicht mehr so oft wie damals kommt, aber das geht beim Vormarsch nicht anders.
Ich kam zum Trupp nur wenige Stunden vor Beginn des Angriffs und habe somit alles miterlebt. Jetzt, 8 Tage später, sagen mir die „Alten“, dass sie nur selten so mittendrin im Dreck gelegen haben, wie diesmal.
Unsere Division hatte aber auch den schwersten Stand. Wir mussten den Kessel im Osten schließen und hatten vor uns und hinter uns Feind. Es waren kritische Tage und manchmal waren wir fast eingeschlossen, wenn der Russe durchbrach. So z.B. heute Nacht. Dann werden Handgranaten fertiggemacht, ein Schützenloch gegraben und gewartet. Die Ari. Schießt verdammt gut in unser Dorf und „Ratas“ geben ihren Senf dazu. Der Russe greift hier oft mit Panzern an und viele liegen zerfetzt und ausgebrannt an der Straße.
Gestern war Generalfeldmarschall von Bock hier und hat sich nach der Lage erkundigt. Ich habe Aufnahmen von ihm machen können.
Und nun komme ich wieder zu einem alten Thema: Ob ein Rotarmist, ein Landser, eine Ukrainerin oder ein Generalfeldmarschall, sie fragen mich immer dasselbe: „Sagen Sie mal, wie alt sind Sie eigentlich?“ So auch gestern v. Bock. Auf meine Antwort : „20 Jahre, Herr Generalfeldmarschall!“ hat er gelacht und gesagt, ich sähe aus wie 16. Und der Ritterkreuzträger Oberst K., unser Kommandeur, konnte sich nicht halten vor Lachen. Es ist schon eine Last und nicht damit abgetan: „Sei froh, dass Du so jung aussiehst!“
Von Euch habe ich noch keine Post erhalten, doch rechne ich bald damit. Hoffentlich ist auch dieser Russlandfeldzug bald zu Ende. Jeden Landser kotzt er schon an.
Auf Wiedersehen in Deutschland!
Viele Grüße an Mutti und an die „Tüttels“ Paul (20 Jahre)

 

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