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Brief (Transkript)

Erich Werthmüller an seine Frau und seine Mutter am 07.02.1945 (3.2013.18)

 

Bombogen, 7. Febr. 45



Meine liebste, beste Ella und Mutti!
Heut morgen brachte man mir schon wieder einen Brief von dir, ich konnte es kaum glauben u. doch war ich so glücklich. Nun will ich wieder ganz zufrieden sein u. dir herzlich danken für deine lieben Zeilen. Es ist lieb von dir, daß du dich am Sonntag abends mit mir ein bischen unterhalten hast, gern hätte ich dir in deiner warmen Stube ein wenig Gesellschaft geleistet, überhaupt so ganz -- dahin. Ich wollte ich könnte Euch wieder einmal so richtig drücken u. von Herzen lieb haben, u. alles mir wünschen was Du mir Liebes erfüllen könntest.
So freue ich mich ganz besonders, daß es Dir und den Kindern noch gut geht, gesund seid u. bisher von den Terrorbomben verschont geblieben seid. Letzteres möge so bleiben, denn wie Du schon schreibst kann es nicht mehr lang dauern, der Ansicht bin ich u. viele andere auch. Unser Wolfgang scheint sich dort ganz wohl zu fühlen, ich erinnere mich meiner Schuljahre u. so manchem Bubenstreich, heut hat ohnehin die Jugend noch mehr zu leiden wie in unseren früheren Jahren. Auch Jürgen wächst u. gedeiht, so was hört man gern, Du hast das große Glück alles mit zu erleben, worüber ich Dich oft im Stillen beneide. Zu gern würde ich doch wieder einmal zu Euch Lieben kommen, aber z.Zt. besteht gar keine Aussicht. Fast 90% meiner Kameraden waren alle mit mir im Herbst 43 bis Jan. 44 im Erhol. Urlaub, dann kam der Einsatz in der Normandie, der Einsatz jetzt in Luxemburg u. Belgien u. alle waren seither nicht mehr zu hause. So hatte ich wenigstens das Glück Euch Lieben inzwischen 2 mal begrüßen zu können, wenn auch der Bombenurlaub keine schöne Stimmung ist. Mit meinem R.-Kaffee ist momentan auch nichts zu machen, da ich ja Zuteilung im Vor. in Adenau bekommen habe u. derselbe einige Zeit noch ausreicht. Andererseits ist jetzt die Bahnverbindung so schlecht, daß die Möglichkeit besteht, auf der Rückreise nicht mehr seine Einheit findet u. so einfach unterwegs "kassiert" wird. Aber wie es manchmal das Schicksal will, sieht man sich vielleicht schneller wieder als man denkt.
[am Seitenrand quer: Das es Dir ja nicht einmal einfällt nach Stgt. zu fahren!]
So ist also auch bei Euch richtiger Winter. Nun mir langt dieser von 44 auf 45, wenn man heut an all die Strapazen zurück denkt, so erscheint alles wie ein böser Traum, den man am liebsten nicht mehr haben möchte. Was war doch alles in der Normandie los, alles vergessen wie wenn nichts gewesen wäre. Die Frau bei Eurem Krämer hat schon recht mit ihrer Aussage, der Landser da draußen wird arg bescheiden u. schreibt nur das wichtigste, daß es ihm gut geht. Aus all dem andere Gefahren macht er sich nichts mehr draus u. redet nicht davon, ich selbst konnte dies früher gar nicht glauben, heut geht es mir nicht anders.
Wie wird es wohl im Osten werden?, schreibst Du lb. Ella. Die Rückschläge sind maßlos traurig, wie viele meiner Kameraden haben seit jener Räumung in den besetzten Gebieten keine Verbindung zu ihren Angehörigen mehr. Und doch sind wir fest davon überzeugt, dass es wieder zum Stehen kommt. Die Westfront steht der Ostfront nicht viel nach, auf beiden Seiten wird um jeden Meter Boden gekämpft, dabei muß die Heimat bitter bitter leiden. Leider ist es nun einmal so, daß uns die Luftwaffe dabei nicht so unterstützt wie wir es alle gern erwartet hätten. Wir, die wir jetzt in Ruhe liegen, sind tagsüber bei hellem Himmel auch dauernd den Jabos ausgesetzt. Die wissen genau, daß die Dörfer mit Wehrmacht belegt sind u. nur oberflächliches Verhalten kann den größten Schaden verursachen. Rauer-Haberl u. ich gehen meist auf freies Gelände, so können wir alles beobachten u. fühlen uns dabei am sichersten. Nun es wird in allem die längste Zeit gedauert haben.
Mitte Januar habe ich noch 2 Weihn.-Päckchen an einen "unbekannten Soldaten" erhalten, sie waren ganz ordentlich. Eins war aus Winnenden u. das andere aus Altbach a/Neckar. Gestern habe ich beiden geschrieben.
Die Ruhe momentan, fern vom Kampflärm, tut mir ja so gut. Man ist in diesen wenigen Tagen wieder Mensch geworden, doch wie lang noch? Es ist anzunehmen, daß wir jetzt in den Raum "Köln" verlegt werden, man wird manchmal nicht mehr klug daraus.
Dich nun mein Liebstes ist es an der Zeit Schluß zu machen. Auch mir geht es guat. Sorge Dich also nicht, mit wäre es manchmal lieber Ihr wäret in irgend einem Bunker, dort wäre es halt am sichersten.
Grüße bitte Wolfgang u. Jürgen recht herzlich von mir u. vergeßt mich nicht, Ihr 3 Lieben, besonders Du, meine liebste u. beste Ella u. Mutti.
Ooooooo
Euer Erich u. Vati

Dich vermiß ich ganz arg! liebe liebe Ella.

Viele Grüße an Vater
Enni u. Kinder!

[am Seitenrand quer: Schreibe so oft Du kannst!]

 

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