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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 06.12.1941 (3.2009.1998)

 

6.11.41*



Meine lieben Mäuschen!

Ich glaube heute ist Nikolaustag. Genau weiß ich dies allerdings nicht. Ob wohl Ursula und Hiltrud sich gefürchtet hatten vor dem Nikolaus? Hiebe mit der Rute gibt es auch im Kriege. So viel mir bekannt ist, stammt der Hl. N. Nikolaus aus Rußland. Seine Uniform hat wenigstens russisches Format. Hier bei dieser Kälte ist dies auch zweckmäßig. Bei mir waren es heute -33°C. Alles friert und schnattert. In unserem Bunker sind die Eisenträger mit Eis überzogen. Da kannst du dir denken wie kalt es bei uns ist. Unser Ofen brennt dabei Tag und Nacht. An Brandmaterial brauchen wir nicht zu sparen. Sollten keine Balken mehr herum fliegen, dann muß halt ein Haus daran glauben. Ob es der Russe in Brand schießt oder wir verbrennen es im Ofen, das bleibt uns gleich. Heute war es jedoch mit dem Artilleriefeuer etwas besser. Jedenfalls konnte man sich zeitweise im Freien aufhalten. Hoffentlich wird es bald noch besser. Unsere haben heute wieder angegriffen. Da hat unsere Ari nur so gefunkt. Morgen sind vielleicht die Russen wieder an der Reihe. Wir sind alle heilfroh, wenn es 16 Uhr ist, denn dann ist es dunkel und die Schießerei hört sozusagen auf. Von Zeit zu Zeit zischt wohl ein schwerer Brocken durch die Luft, daß sogar unser Bunker ins Schwanken kommt, wenn er in der Nähe einschlägt. Aber das macht uns schon nichts mehr aus. Solange unser Bunker nicht getroffen wird, sind wir zufrieden. Der liebe Gott wird uns schon dazu verhelfen, daß wir wieder gesund hier heraus kommen. Alles andere ist ja Nebensache. Gebe Gott, daß der ganze Krieg bald zu Ende ist. Hier hören und sehen wir nichts vom Fortgang an anderen Frontabschnitten nur Abschüsse und Einschläge. Wenn wir nur schon heraus wären. Unser Kommandeur Major Zabel ist heute Oberstleutnant geworden. Hoffentlich hat er bald genug Ehren erworben, daß es noch zum Ritterkreuz reicht, denn anscheind hat er eher doch keine Ruhe. Freilich haben die Hauptarbeit seine Soldaten zu schaffen. Die Abteilung hat jetzt so ca. 75 Flugzeuge abgeschossen und ca. 80 Panzer. Das dürfte sicher bald für die hohe Auszeichnung reichen. Mir soll es recht sein, nur raus aus diesem Land, das ist für uns das Maßgebende. Die Kälte ist ja toll, es wird jedoch noch schlimmer werden. Unsere Fahrzeuge, soweit sie nicht schon durch Splitter kaputt sind, müßen Tag und Nacht laufen, damit sie nicht einfrieren. Also der Wurm ist mit einem Wort drinnen. Wenn es noch ein paar Grad kälter wird, dann friert das Benzin auch noch und dann laufen wir zurück. Gründe für unsere Ablösung sind über genug vorhanden, hoffentlich haben wir doch noch das Glück. Vorerst müssen wir ja zufrieden sein, wenn wir noch so gesund sind und es mit Gotteshilfe auch bleiben. Von Euch meinen Goldschätzchen hoffe ich natürlich auch, daß Ihr noch gesund seit. Die Flieger kommen sicher noch oft genug bei diesen langen Nächten. Nun es wird Euch nichts passieren. Den lieben Gott bitte ich um Schutz für Euch und mich, er wird uns schon nicht verlassen. Nun gehe ich wieder schlafen um mich zu stärken für den kommenden Tag. Ich habe Euch lieb und denke sehr oft an Euch, das könnt Ihr mir glauben. Viele viele Grüße und Küsse
Euer lieber Papa.
Auf baldiges Wiedersehen!

* gemeint ist der 6.12.1941

 

 



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