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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 14.09.1941 (3.2009.1998)

 

14.9.41



Meine lieben Mäuschen!

Heute ist wieder ein Sonntag. Der 12. in diesem Russenkrieg. Stellungswechsel machen wir heute nicht, dafür haben wir erst gestern gewechselt. Wir sind ca. 80 km südlich, auch an der Pola in Stellung gegangen. Flieger waren hier noch nicht, außer heute Nacht. Eine schöne gebirgige Gegend mit Wald. Das einzig unangenehme an der Stellung ist, daß der Wald noch nicht gesäubert ist. Aber heute Nacht war es sehr ruhig. Ich glaube nicht, daß da noch ein Russki heraus kommt. Gestern habe ich auch die ersten weiblichen Gefangenen gesehen. Es waren wirklich ganz schöne Kerlchen gewesen. Natürlich waren sie in Uniform mit Hosen, wie die männlichen Russen auch. Die russischen Uniformen sind wie unsere S.A. Farben nur etwas mehr grünlicher. Das Ganze sieht dann immer gleich dreckiger aus. Aber schöne Mäntel haben sie. Ich wollte ich würde einen neuen bekommen. Ein Unterschied zwischen unseren Bodenmänteln wirst du nicht feststellen können. So, das war so das Neueste vom Tage. Leider konnte ich gestern keinen Brief schreiben. Aber das weißt du schon, daß man an solchen Tagen nicht dazu kommt. Es ist immer viel zu machen und ist es ja auch um 8 Uhr schon stockdunkel. Licht haben wir natürlich nicht. Wir brauchen auch keines. Unsere alte Stellung haben sie heute Nacht bombardiert wie unser Spieß erzählt. Da ist’s ja gut, daß wir aus gezogen sind. Lange werden wir jedoch bestimmt nicht hierbleiben. Unser Hauptmann, der wieder bei uns liegt äußerte schon was von Morgen. Abwarten. Mir ist es egal wohin. Der liebe Gott beschützt mich schon weiter. Hoffentlich seit Ihr 3 lieben Mäuschen auch noch gesund. Die bösen Flieger waren sicher wieder da. Aber solange sie Euch nur die paar Stunden Schlaf nehmen geht es immer noch. Der Krieg wird hoffentlich bald herum gehen, damit man wieder seine Ruhe bekommt. Gottseidank sind wir ja noch gesund, da wollen wir nicht unnötig klagen. Freilich macht sich das Heimweh immer mehr bemerkbar. Ist es doch auch schon wieder lange her, daß ich fort bin von Euch. Hoffentlich werden wir bald hier abgelöst in Rußland. Die einen wollen dies ja bestimmt wissen, während andere behaupten wir würden noch hier bleiben. Jedenfalls, wenn Schnee liegt können wir auch mit unseren modernen Fahrzeugen nicht mehr weiter. Und in Rußland schneit es früher als bei uns. Von hier aus möchte ich wahrhaftig nicht auf Urlaub fahren, denn die Rückkehr in diesen Dreck fällt einem doch zu schwer. So merkt man es weniger. Zu Essen haben wir genug. Heute haben wir schon 5 Hühner geschlachtet und ein Schwein von 2 ½ Zentnern. Jetzt haben wir wenigstens Fett zum Braten. Unsere Feldküche kommt wahrscheinlich heute noch. Die Kocherei ist ja viel Arbeit. Keiner will was machen am allerwenigsten ich. Ich begnüge mich mit Essen. Unser Kleiner hat sich zu den Fallschirmjägern gemeldet. Er ist weg zur Untersuchung und wird heute vielleicht nachkommen. Wenn ich sein Vater wäre würde ich ihn den Arsch versohlen. So junge Kerle sind halt noch zu dumm. Na ja, es muß ja auch so Leute geben. Hier bei mir ist S.S. eingesetzt. Es sind lauter nette Kerle. Die müßen ja schwer ran. Die Front ist nicht sehr weit von uns entfernt, trotzdem hört man fast kein schießen. Unser Alter scheint auch die Nase voll zu haben. Er schleicht herum wie ein begossener Pudel. Bestimmt langweilt er sich noch mehr wie wir. Das Beste wäre, wir würden nach der Heimat oder wegen mir wieder nach Frankreich verfrachtet. Das Rußland geht mir so langsam auf die Nerven. Es gibt Tage, da könnte man sich selbst am … und heute scheint bei mir so ein Tag zu sein, obwohl schönes warmes Wetter ist. Aber das geht jedem einmal so. Das legt sich wieder. Die E-Messerei wächst mir bald zum halse heraus. Alle schlag wollen sie von den Emessern etwas. Lauter so Mist, was mich in meiner Ruhe stört. Es ist ja so, wenn man nichts zu machen braucht, will man aber auch überhaupt nichts tun. Für meinen Vater habe ich ein paar Zigarren bekommen. Ich schicke sie heute weg, voraus gesetzt, daß ich jemand finde der die Post mitnimmt. Hoffentlich bekommt er sie noch zum Geburtstag am 2.10. Wenn die da wüßten, daß ich so etwas seltenes heim schicke, ich glaube sie würden mich fressen. Natürlich nicht meine Kameraden vom Geschütz sondern die Kraftfahrer und der Troß, der so gut 30 km hinter uns liegt. Jetzt muß ich wieder eine Stunde auf Posten ziehen. Ich schreibe jedoch anschließend noch ein bischen weiter. Eine Stunde ist gar schnell herum. Wieviele habe ich wohl schon in den gut 2 Jahren gestanden. So, nun ist dies auch geschafft. Bei schönem Wetter ist es ein Vergnügen. Übrigens ist soeben ein Russe über uns weg geflogen. Sehr hoch, anscheinend hat er aufgeklärt. Die Straße steht voll SS Fahrzeuge. Sie wollen nach Moskau. Wir werden wohl mit machen. Also nach Petersburg komme ich jetzt nicht mehr. Dafür bin ich schon wieder zu weit südlich. Aber deshalb bin ich nicht böse. Zurück nach Deutschland wäre mir 100 mal lieber. Vorerst werden wir uns jedoch gedulden müssen. Bitten wir den lieben Gott, daß wir gesund bleiben, das ist die Hauptsache. Man muß sich wundern wo die vielen Fahrzeuge und Menschen all herkommen. Anscheinend geht es mit Macht dem Ende entgegen. Ich wäre froh, es wäre schon so weit. Was werdet Ihr heute machen? Sicher seit Ihr im Ostpark und nutzt das schöne Wetter aus. Bald ist es Winter, da ist’s so wieso vorbei mit Ballspielen. Sind denn die franz. Bälle noch alle da? Es ist doch sicher ein rarer Artikel bei Euch. Was macht das Ännchen von Hiltrud? Vielleicht haben sie auch die Masern von der kleinen Mörschner. Ich hoffe ja nicht, denn es wäre für dich mein Schätzchen viel Arbeit. Heute soll es Post geben. Hoffentlich kommt der Troß noch. Bleibt mir nur gesund, dann ist ja alles gut. Der Krieg wird auch zu Ende gehen. Vorher bekomme ich ja sicher noch einmal Urlaub. Viele viele Grüße und tausend Küsse Euer lieber Papa. Auf baldiges Wiedersehen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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