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Brief (Transkript)

Walter Kroen an seinen Vater am 23.3.1943 (3.2002.7506)

 

Tunesien, 23.III.43.


Lieber Vater!

Die Zeit vergeht mir wie im Fluge, ich glaube erst in Afrika gelandet zu sein, da ist es schon wieder höchste Zeit an die Tage unserer Familienfeste zu denken. Nimm also heute meine herzlichsten Glückwünsche zu Deinem bevorstehenden Namenstag entgegen; alle unsere gegenseitigen Wünsche sind vom gleichen Gedanken getragen, alles dreht sich um den Krieg und ein immer aufs Neue erhofftes glückliches Ende. Wenn wir auch noch Geduld haben müssen, jeder vergangene Tag bringt uns doch dem Ende entgegen und so halten wir es halt weiter mit dieser Art von Einstellung. Soeben habe ich einen Brief von Mutter erhalten, indem sie die Stillegung unseres Barackenbaubetriebs mitteilt, oder besser die Kündigung des bestehenden Vertrags. Dies beschäftigt nun am meisten meine Gedanken und die Sorgen um meinen alten Kraftwagen werden klein, wenn ich an Deine neuen denke. Wen wir mit solchen Maßnahmen den Krieg rasch und total beendigen können, so ist das wohl der beste Dank und Lohn für die Opfer, die er von uns fordert. Ich erwarte mit Spannung auf Eure weiteren Briefe, was nun im Betrieb geschieht. Vielleicht gibt es in Zukunft auch für Dich weniger Arbeit, was Dir von Herzen zu gönnen ist. Nur ist es aber schade, daß man durch so traurige Umstände zu Einschränkungen gezwungen wird. Zum Glück kann ich Dir von mir nur Gutes berichten, seit Rommel wieder in Deutschland ist, sehen wir mehr in gemütlicher Ecke und ich habe bei der Abteilung Ia Mess ja einen Posten gefunden, der mich schon befriedigen kann. Augenblicklich bin ich gar nicht an den Karten und am Zeichentisch beschäftigt, sondern zu den alten Putzerdiensten degradiert worden, solange mein Vorgänger seinen verdienten Urlaub genießt. Das Fahrzeug meines Chefs, ein hochbeiniger Kastenwagen 3 to-Opel-Blitz, macht mir schon ein wenig bange, heute hab‘ ich mir das Ding mal näher betrachtet, aber noch keinen Ton aus ihm rausbringen können. An Batteriestrom scheint das Auto keinen Überfluß zu haben, es ist höchstens mit der Kurbel was zu machen. Heute Nacht werde ich zum zweiten Mal in seinem Inneren kampieren, so quasi als Wachposten, da der Chef schon seit zwei Tagen unterwegs ist und, ich möchte es hoffen, die Nacht auch noch ausbleibt; denn ich habe wirklich keine Lust, noch in der Dunkelheit anzufangen mit Spiegel- und Rühreifabrikation. Wesentlich froher und unbesorgter war ich schon vor einigen Tagen auf meinen Fahrten nach Sfax und Tunis, die ich sogar meistens auf dem Beifahrersitz mitmachen durfte. In Tunis kenn ich mich nun schon ganz nett aus und ich denke nicht, daß ich die Stadt zum letzten Mal besucht habe. Unter anderem haben wir drei Faß Bier aus der Stadt zu uns aufs Land gefahren, aber es finden sich leider bei der ganzen Einheit soviele bettelnde Bewerber, daß diese Mengen (je 40-50l) wie nichts zerrinnen. Preußischen Schnaps gibt es bei uns zur Zeit nicht, dafür aber Liköre und Wein ebenfalls aus der Großstadt. Also leben tun wir nicht schlecht, haushalten kennen wir nicht und wenn es einer wollte, guckte er bestimmt bald ins Leere. Daß man lernt, leicht und unbekümmert die Tage zu nehmen, wie sie einem kommen, ist der große Vorteil, den wir Soldaten genießen. Ich wollte oft, Euch etwas von dieser Stimmung abgeben zu können. Als Lichtblick im Alltagsübel sollst Du auch meine Zeilen auffassen, mit denen ich Dir eine kleine Freude bereiten will. Und nun sei für heute bestens gegrüßt
Dein Walter.

 

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