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Brief (Transkript)

Walter Kroen an seine Eltern am 13.11.1941 (3.2002.7506)

 

No 26.

In Afrika, 13.11.41.



Liebe Eltern!

Einen Tag später und schon wieder sitze ich vor einem Schreiben an Euch. Es bedeutet mir ja keine Qual und es könnte eigentlich im gestrigen Tango weitergehen. Aber schließlich darf man nicht übertreiben mit dem Eifer, wehe wenn einmal magere Zeiten kommen. An Briefpapier habe ich keinen Mangel, die 500 Blatt ital. Schreibmaschinenpapier sind für unseren genormten deutschen Schriftwechsel unbrauchbar, da habe ich mich eigentlich fast umsonst mit dem Hauptbüro herumgeschlagen, bis ich das Papier endlich hatte. In meinem gestrigen Schreiben an Mama habe ich glaube ich doch glatt einen Brief zu bestätigen vergessen, Nr. 54 v. 2. XI, ob wohl ich mit der Beantwortung schon begonnen habe. Dieses Kapitel will ich heute noch abschließen und mir dann wieder einmal einiges wünschen. Ich habe selbst eben noch vier kleine Sendungen fertig gemacht, mögen sie Euch gut erreichen und noch rechtzeitig vor dem Fest zu Schokolodenkugeln Verwendung finden. Nächstes Jahr melde ich mich wieder zum Essen. – Ich muß mich wundern, daß ich Kino und Theater nicht misse. Entweder habe ich von meiner Münchener Zeit so wenig Training, oder die Freude aufs abendlich Bett ersetzt mir diese Genüsse. Vor etwa zwei Wochen war hier schon mal Freilichtvorführung des Filmes „Ein Leben lang“. Damals hatte ich aber Wache und außerdem kannte ich das Stück und erlebte trotzdem einen „[…]film“, so dröhnte das Geräusch durch die Wüste. Wochenschau wäre ja schon interessant, man liest bei uns nur von Rußland und das nicht einmal immer. Von unserer Front ist nicht viel zu hören, ich bin nicht schuld dran und will Euch auch nicht mit Ausschneiden von Berichten plagen, die nur zum Gegenstand Artillerietätigkeit haben. Das kann ich selbst ins Tagebuch eintragen, man hört ja wenns bei Tobruk kracht. – Der Spatz [?] soll wissen, daß sein „kleiner“ Bruder selbst bei halbjährigem Gastspiel in München zu keiner Operette gebracht hat, ich weiß nicht, diese Jugend. ZU meiner Zeit, Gott, wenn ich dran denke. Aber ich habe auch kein gutes Beispiel zu geben, nach dem Krieg wird’s auch anders werden. Vom Schillerfilm war ich seinerzeit auch begeistert, nur hat es mich schwer gewundert, daß so was in der heutigen Zeit gespielt wird. Für mich bedeutet er einen Schlag ins Gesicht der derzeitigen Verhältnisse.
Aha, nun kommt der gekannte Barras dran. Da kann ich Papa nicht ganz befriedigen, das war nämlich doch Pelikanol, made in Germany, höchstens mit Beimengungen von Wüstensand und anderem Dreck. Habt also in Zukunft keine Angst, ich lebe hier zwar in anderen Hygieneverhältnissen, weiß doch noch, was sich gehört. Nun kommt also mein Wunschzettel dran. Der ist nun ganz bescheiden, ich bestelle nicht etwa die Dinge, die abgeschickt sind und bisher nicht eintrudelten. Mit dem Notwendigsten bin ich ja versorgt, Sonne scheint rar, wozu braucht man da eigene Brillen? Ich möchte zunächst um schwarzen Zwirn und Stopfwolle bitten. Eine Packung mit Nähzeug dürfte verschollen sein, darin vermute ich schwarzen Faden, weißen habe ich vorläufig genug. An Stopfwolle brauche ich grau, grün (siehe Muster!!!) und braun (dunkel). Am besten, Mama wickelt in den nächsten Briefen was drum rum, die Beförderung ist sicher. Ich bin gerade eifrig am Stopfen, ich muß sagen, für’s erste Mal geht es ganz prima. Nur an meine eigenen Socken wage ich mich vorerst nicht, da kommt man nur mit Strickkunst mit Erfolg an, eine ausgelassen, eine verdreht, ein faden herum, ein durcheinander und wie das halt so geht. Wunsch Nr. 2. Fürs neue Jahr bitte ich um einen Taschenkalender, Notizbuch brauche ich vorerst keines. Und dann habe ich mir, angeregt durch gutes Beispiel, die feine Sache mit den Sendungen vom Schwaben. Tageblatt gedacht. Ich meine, wenn so gelegentlich das Blättle zum 2. Mal vom Metzger kommt, dann wird es schnell mit einer Bauchbinde bedruckt, F.P.Nr und schon stimmt der Laden, die Front freut sich . Alles klar? Nur jetzt kein Abonnemang aufgeben, die arme Post, vom Empfänger ganz zu schweigen. Ein oder höchstens 2x in der Woche, man füllt Lücken im Postverkehr aus und ich höre gern etwas lokales, Neues von daheim. Mitunter kann auch mal eine alte Illustrierte dabei sein, was heißt bei uns schon alt. Hebt nur ja die Berliner auf, nun ist schon wieder Witzezeichner von Format gefallen, die Dinger sind wertvoll. (Völkischer Beob. und ähnl. bekommt man gelegentlich hier). Nun geht für mich das Tagwerk zu Ende, Heute gings durch ohne Mittagspause, obwohl ich wieder einen Kameraden Schreiber neben mir habe. Doch davon später.
Für heute grüßt Euch alle samt […] Bestens
Euer alter Afrikaner
Walter

 

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