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Brief (Transkript)

Walter Kroen an seine Eltern am 14.9.1941 (3.2002.7506)

 

5. Nachricht

[Zeichnung einer Palme] 14.9.41.



Liebe Eltern!

Ja, nun können wir großzügig sein, seit vorgestern Nacht leben wir im kleinen Afrika, so mitten drin im Sand. Unser Abschied aus Italien ist ganz plötzlich gekommen, ich habe das auch schon ein mal angedeutet. Und nun die Fahrt über den großen Bach! Das war auch ein Erlebnis, das man nie vergessen wird? Vier Tage und Nächte waren wir unterwegs, jetzt wo wir schon 2 Tage bereits an Land sind, schwankt der Boden noch immer unter den Füßen. Auf jeden Fall waren wir überglücklich, als wir endlich an Land gehen konnten. Hoffentlich erschreckt Euch der Rotstift nicht, aber Blei und Tinte habe ich unterwegs verloren. Das ist auch Nebensache, wichtig ist, daß ich nicht verloren ging. Wir sind nachts an Land gegangen und gleich in unsere Unterkunft gebracht worden, und die haben wir seither nicht verlassen. Aber man bekommt auch schon da einigermaßen Vorstellung von dem neuen Erdteil. Sand gibt es in rauhen Mengen, soll ich gleich ein Sandwerk für unsere Firma gründen? So zahlreich wie Sand sind beinahe auch die Fliegen, die dauernd auf unseren heißen Körpern sitzen. Nur die Nächte bringen ein wenig Abkühlung; schwarze und braune Menschen gibt es auch um uns her, komisch, wie diese Gestalten vermummt im Sande hocken und gelegentlich von der Wüstenpolizei vertrieben werden. Aber die Preußen und Südpreußen sind doch in der Überzahl. Die Hitze ist ganz anständig, wenn sie auch bis jetzt noch nicht 60° und 70° erreicht hat. Der Durst ist auch entsprechend, an den Kaffee werde ich mich auch erst gewöhnen müssen. Hofbräuhaus ist halt wenig vertreten, dafür mehr Afrika; wir sind alle gespannt, wann es für uns richtig losgeht. Vorerst sollen wir andere Fahrzeuge fassen und dann den „Marsch“ antreten. Ja, nun ist es endlich so weit, daß ich auch meine Erlebnisse habe und was erzählen kann. Das wäre so ein Spaß, in Ingolstadt Pferde schrubben! Dafür sind wir jetzt weit genug von zuhause entfernt, die Entfernung steht proportional zur Urlaubsfreude. Aber was rede ich da, ich bin ja erst angekommen.
Nun ist’s für heute genug.
Mit den allerbesten Grüßen
Euer Walter
Filius africanus

 

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