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Brief (Transkript)

Gerhard Limpach an seinen Vater und Schwester am 28.02.1943 (3.2002.0883)

 

O. U., 28.2.43



Lieber Papa,

vor einigen Tagen bekam ich Deinen Brief vom 2.2.43 (mit Beilage aus der „Uhrmacherkunst“), den ich beantworten möchte. Ja; Du hast schon recht, mit dem einen Päckchen habe ich noch Glück gehabt. Hoffentlich bekomme ich es auch. Vor einiger Zeit waren die russischen Streitkräfte mit einer Panzerspitze fast bis Dnjepropretowsk durchgebrochen und schnitten die Bahnlinie nach Süden ab. Da sind auch eine Menge Güterwagen vernichtet worden, hoffentlich nicht auch Post für uns! Überhaupt muß ich Dir ehrlich sagen, es wäre mir lieber, ich käme von hier fort. Wahrscheinlich plant der Russe, uns vom Festland abzuschneiden und dann so langsam und allmählich...(siehe Stalingrad). Gestern nacht, ich hatte Wache, war andauerndes Flugzeuggeräusch zu hören. Wir rechnen jeden Tag mit einer Landung, mal kommt sie bestimmt. Wir liegen hier an einer Stelle, an der keine Steilküste vorhanden ist, also sehr geeignet für einen Angriff. Wir sind nun auch Feldtruppe geworden. Na, wir werden uns schon zu verteidigen wissen. Wenn wir eingekesselt werden – eine Kugel bleibt für uns übrig. Das ist kein leeres Gefasel. Ihr wißt vielleicht nicht, wie die Russen mit Gefangenen umgehen. Im vorigen Winter z. B. haben sie deutschen Soldaten die Augen ausgestochen, sie nackend ausgezogen und dann laufen lassen – und das bei fast minus 50 Grad!! Ich denke, da ist es besser, sich nicht gefangen nehmen zu lassen. Nun, genug davon. Weiter zu Deinem Brief. Sehr verwundert bin ich über meine plötzliche Mitgliedschaft in der Partei, die ich überhaupt nicht beantragt habe. Jedenfalls, ehe ich mein Mitgliedsbuch abhole, wird noch einige Zeit vergehen. – Radio gibt es hier nicht. Wir wissen überhaupt nicht, was draußen in der Welt los ist. Vielleicht ist das auch ganz gut so. Es ist alles so primitiv hier, die Russen kümmern sich um nichts. Unsere Unterkünfte haben wir, entsprechend den Verhältnissen, ganz ordentlich eingerichtet. Man muß da eben ein bißchen erfinderisch sein. Daß das 2 Pfund-Paket wieder zurückgekommen ist, freut mich. Es wäre wirklich schade drum gewesen. So kann ich die Sachen im nächsten Winter tragen, hoffentlich zu Hause. Leider scheint der Brief mit den 5 Mark verloren gegangen zu sein. Mein Geld schicke ich am 13.3. ab. Es sind immer bestimmte Tage dafür vorgesehen. Ich habe dann etwa 130 Mark (morgen gibt es wieder 22,50 Mark einschl. alle 10 Tage Frontzulage). Ich werde 100 Mark schicken und etwas behalten. Kaufen kann man allerdings nichts hier. Nun hat man Geld – und wofür? Nun sei Du und Mutti recht herzlich gegrüßt von Deinem
Gerhard

O.U., d. 28.2.43

Liebe Hilde!
Vor mir liegt dein Brief vom 3.2. der nun der Beantwortung anheim fällt. Deine Schreibfaulheit verzeihe ich dir, denn daß mein [werter] Schwager vorgeht, kann ich verstehen. Mein Befinden ist ganz gut. Essen ebenfalls. Bloß Kartoffeln gibt es hier ganz wenig. Übrigens Essen, hast du schon mal Hühnerhabicht gegessen oder Fleisch von einem [?] jungen canis (Hund)? Schmeckt ganz ausgezeichnet. Bei meiner letzten Nachtstreife habe ich auch einen Hund geschossen. Warum? Weil er andauerend gebellt hat. Den habe ich aber nicht geschossen – deine Furunkel sind ja auch nicht sehr vergnüglich. Gute Besserung. Von Gerhard habe ich noch keine Post bekommen. Fortgekom sind wir noch nicht von hier. Hoffentlich bleiben wir noch ein Weilchen hier. Es gefällt mir ganz gut. Hier sind überall Obstplantagen. Haben unseren Gutshof, wo wir Quartier haben ist eine Obstplantage von 2 km Länge u. 1 km Breite. Bald wird Baumblüte sein. – Von Stalingrad habe ich auch gehört. Liebe Gilde, denke nicht, das war umsonst. Diese Menschen dort haben vielleicht unsere ganze Front gerettet (auch nur hier unten), dadurch, daß sie große Massen gebunden haben. Es ist aber furchtbar. – Na ich denke in diesem Sommer fällt die Entscheidung. Dann kann ich zu diesem Weihnachten wieder an deinen Konzerten teilnehmen. Meinen Kursus als Gasspürer habe ich auch beendet. Zur vollen Befriedigung meiner Uffz. Ich haben die besten Aufsätze geschrieben.
So, nun Schluß bis zum nächsten Mal. Nun recht viele [?] dein holder Gerhard

 

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