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Brief (Transkript)

Gerhard Limpach an seine Eltern und Schwester am 09.01.1943 (3.2002.0883)

 

O. U., 9.1.43



Liebe Mutti, Papa u. Hilde!

Am 6.1. kamen wir in dem Ort an, wo unser neues Bataillon liegt. Dieser Ort befindet sich auf der Krim und heißt Eupatoria. Unsere lange Fahrt führte uns durch ein großes Stück Rußland und wir bekamen eine ganze Menge zu sehen. Die Landschaft ist mit Deutschland überhaupt nicht zu vergleichen. So etwas ödes und trostloses gibt es gar nicht woanders. Den ganzen Tag fuhren wir nur durch Steppe und Felder. Dörfer sind eine große Seltenheit. Und dann nur flaches Land. Wenn man so etwas sieht, kann man beinahe weinen. Sonst verlief unsere Fahrt ruhig. Ein paar mal wurden wir beschossen, aber es passierte nichts dabei. Die Verpflegung war auch recht gut, wie das bei solchen Transporten meist der Fall ist. Außerdem hatten wir oder vielmehr die Pioniere, an deren Waggon wir angehängt worden waren, einen Küchenwagen, von dem wir Zusatzverpflegung bekamen, u. a. einmal Sülze, die so fett war, daß ich sie nicht ganz aufessen konnte. Ich glaube, ich bin sogar etwas dicker geworden. In Luzk hatte ich allerdings 1 Kilo abgenommen. In größeren Bahnstationen gab das DRK auch Essen aus. Außerdem waren wir in Dnjepropetrowsk und Simferepol im Soldatenheim, wo es immer etwas gibt. Also verhungern könnte man eigentlich nicht. Und doch wäre es uns beinahe so ergangen. Durch Verschulden des Transportführers bekamen wir 32 Stunden nichts zu Essen. Da haben wir kurzerhand unsere „eiserne Ration“ aufgegessen. Für kurze Zeit muß ich jetzt Schluß machen, da ich zum Kaffee ins Soldatenheim gehen will. Ich sitze auf der Veranda unseres Quartiers (darauf komme ich später noch zurück) und schreibe hier. Zum Soldatenheim ist es nicht weit. – So, das Soldatenheim habe ich hinter mir. Es gab 2 Stück Streuselkuchen, die aber nicht zu groß waren (hoffentlich bekomme ich bald meine Weihnachtspäckchen). Anschließend ging ich dann noch etwas spazieren und ins Soldatenkino. Das war ja nun ganz bemerkenswert: etwa 10 Zuschauer und der Film riß 3 mal. Gespielt wurde der „Maulkorb“. Immerhin war ich seit 1/4 Jahr mal wieder im Kino. Leider wird es schon sehr früh dunkel (um 15.30 Uhr), so daß ich ins Quartier gehen mußte. Nun sitze ich hier und werde mein Geschreibsel beenden. Ich will Euch kurz unser Quartier beschreiben Wir liegen hier, genau wie in Darniza, in verlassenen Privatwohnungen. Man darf sich das nun aber nicht so schön vorstellen. Die Häuser sind zwar alle in gefälligem Stil erbaut, aber furchtbar vernachlässigt worden. Leider sind auch die meisten Hotels und Pensionen, vor allem die am Strand liegenden (Schwarzes Meer), völlig zerschossen. Davor muß Eupatoria eine sehr schöne Stadt gewesen sein. Heute war nun ein besonders schöner Tag. Die Sonne brannte unheimlich und man konnte sehr bequem auf der Veranda unserer „Pension“ [...]

 

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