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Brief (Transkript)

Gerhard Limpach an seine Eltern und Schwester am 13.12.1942 (3.2002.0883)

 

13.12.42



Lieber Papa, Mama u. Hilde!

Heute, am 3. Advent, möchte ich Eure liebe Adventskarte vom 26.11.42 beantworten. Ich habe wieder einmal Zeit dazu. Für Eure lieben Wünsche danke ich Euch herzlich. So wie ich bisher alles gut überstanden habe, werde ich auch über alles andere hinwegkommen. Ich glaube, das Schwerste haben wir so langsam überstanden oder uns daran gewöhnt. Wir sind ja nun auch schon über einen Monat hier und allzu lange werden wir wohl auch nicht mehr bleiben. Ich rechne damit, daß wir Anfang bis Mitte Januar abgestellt werden. Nun, wir wollen abwarten und das Beste hoffen. – Daß das Paket packen nicht so einfach war, kann ich mir lebhaft vorstellen. Ich hätte auf das Werkzeug verzichten und die Marken lieber für andere Zwecke verwenden sollen. Gestern habe ich ein Päckchen von Tante Mila erhalten. Es enthielt Zahnputz, 5 Kerzen, etwas Briefpapier und Kekse. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie mir die Kekse geschmeckt haben. Ich habe schon alle aufgegessen! Das Paket war am 29.11. abgeschickt. – Sonst habe ich nicht viel Neues zu berichten. In der letzten Woche machten wir wieder einen Übungsmarsch. Dabei übten wir auch Spähtrupp u.s.w. Gestern war Kino, ich durfte aber nicht mit, da unsere Stube aufgefallen war. So konnten wir wenigstens mal etwa ausruhen. Abends gab es zusätzliche Verpflegung: pro Mann ½ Pfund Grützwurst und Pellkartoffeln. In der letzten Woche gab es pro Mann 35 Zigaretten, Tabak, Zigarren, Streichhölzer, 4 Pfefferkuchen und etwas Schnaps. Also Ihr seht, zum Sparen kommt man nicht viel. Ich werde zusehen, daß ich mir mal etwas zurücklegen kann. Schicken kann ich Euch ja zu Weihnachten nichts, da wir nur sonntags herauskommen. Das Wetter ist augenblicklich ziemlich gelinde, außer dem ewigen Wind, der aber auch etwas nachgelassen hat. In der vergangenen Woche haben wir unsere 3. Choleraspritze bekommen, das war die 7., die ich insgesamt beim Militär bekommen habe. Ich habe alle gut überstanden. – Ich denke, ich habe nun alles wesentliche geschrieben und möchte nun an Hildes Brief herangehen, den ich meines Erachtens noch nicht beantwortet habe. Nebenbei gesagt, habe ich mehrere Zeitschriften erhalten, besten Dank dafür. So, nun kommt Hilde an die Reihe.

Liebe Hilde!
für Deine schwesterliche Liebe danke ich Dir vielmals. Leider muß ich für kurze Zeit mit dem Schreiben aufhören, da ich heute Wache habe und erst zur Vergatterung muß. Nachher weiter. – So, die Vergatterung ist vorbei, nun kann die Wache steigen. Ich muß von 20 bis 22 Uhr und morgens von 2 bis 4 Uhr stehen. Hoffentlich klappt alles. Nun zu Deinem Brief. Daß es bei Euch noch nicht so kalt ist, freut mich. Wir haben schon ein bißchen mehr zu spüren bekommen. Mir sind zum Beispiel schon die Fingerspitzen angefroren, ich habe gar kein Gefühl mehr drin, ebenso mein rechter Fußballen. Eine Erfrierung 1. Grades. Das schlimmste ist hier der Wind. Ihr könnt Euch das gar nicht vorstellen. Der Sturm pfeift ununterbrochen von morgens bis abends. Das kühlt natürlich ganz schön aus. Von Gerhard habe ich bis jetzt noch keine Nachricht. Er wird wohl jetzt auch nur sehr wenig Zeit zum Schreiben haben. Daß Papa ein Tanzkünstler ist, wußte ich schon und daß er noch immer in Form ist, zeigt Deine Zeichnung. Bei der Weihnachtsbäckerei hätte ich mit tausend Freuden geholfen! Es ist ein ganz verfaulter Kuhmist, wenn man nichts zu knabbern hat. Von mir aus könnte jeden Tag ein Päckchen kommen. Das Gedicht von der Spinne habe ich noch nicht vergessen, ich möchte es am liebsten bei der Weihnachtsfeier vortragen! Liebe Hilde, ich glaube, ich habe mich noch nicht einmal für Dein Geburtstagsgeschenk (das Buch) bedankt, ich tue es also hiermit. Gelesen habe ich es schon, es ist sehr schön. Nun ist Dein Brief wohl beantwortet und ich kann langsam Schluß machen. Sei recht herzlich gegrüßt von Deinem Bruder
Gerhard
So, da fallen mir noch verschiedene Sachen ein. Ich habe von Tante Ahlert, Tante Alma, Günter und Waldemar, Christa, Onkel Wendisch, Pfarrer Wulf und Oettle Post bekommen, die ich noch nicht beantwortet habe, da ich einfach nicht zu komme. Abends wird es nämlich um 4 Uhr dunkel und das elektr. Licht ist noch zu schlecht, um abends schreiben zu können. Wenn Ihr mit diesen Mitmenschen und Zeitgenossen zusammmenkommt, so grüßt sie bitte vielmals von mir, teilt ihnen die Lage mit und vertröstet sie auf ein Weilchen. Ich werde auch ihre Post beantworten. Ihr könnt ihnen ja meine Briefe zu lesen geben. – Bei Gelegenheit könnt Ihr Euch vielleicht mal nach einer Hülle für mein Soldbuch umsehen und mir später 2 davon schicken. So etwas fehlt mir. Nebenbei gesagt haben wir in der letzten Zeit wieder verschiedene Übungen mit LMG und Gewehr geschossen. Ich habe die Bedingungen alle erfüllt. Ein guter Schütze ist aber aus mir nur sehr schwer zu machen. – Ich werde wahrscheinlich in den nächsten Tagen ein Päckchen abschicken mit meiner Unterhose u.s.w. Habt Ihr schon einen Weihnachtsbaum? So, nun Schluß. Seid recht herzlich gegrüßt und verlebt die letzte Adventswoche gut.
Euer Gerhard

Wir nennen uns jetzt nicht mehr Schütze sondern Grenadier. Die Anschrift bleibt Soldat ...

 

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