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Brief (Transkript)

Irene Guicking an Ernst Guicking am 19.10.1940 (3.2002.0349)

 

Gießen, den 19.10.40



Mein Ernst,

heut hab ich mich gefreut. Du glaubst gar nicht, wie ich gestrahlt habe über Deinen Brief. Ich will ja nicht wissen, das heißt ich möchte schon sehr gern wissen aber fragen tu ich nicht. Wenn Du schon schreibst, daß ich einem um den Hals fallen würde, irgendeinem Beliebigen, dann muß es etwas ganz wunderschönes sein, denn so schnell falle ich keinem um den Hals. Ich freue mich schon mit Dir aber eines kannst Du mir vielleicht verraten: dauert es noch lange, bis Du mir das sagen wirst? Betrifft es die Feldpost-Nummer oder Dich persönlich? Das kannst Du mir doch sicher sagen. Ich denke schon wieder an so vieles, an lauter schöne Dinge, die da passieren könnten. Jetzt habe ich doch wieder etwas, worauf ich mich freuen kann. Ja Ernst, vielleicht ist das aber, was Du gehört hast, gar nicht wahr und es gibt wieder eine Enttäuschung? Ich denke ja, Du erzählst mir nichts, was Dir nicht glaubwürdig erscheinen mag. Gell Bib, Du schreibst mir, ob ich wirklich auf das Geheimnisvolle mich freuen darf. Nicht vergessen, gell Ernst.
Und Ihr seid am Packen, da seid Ihr wohl heute schon unterwegs zum Übungsplatz. Dann erhältst Du auch die Röschen nicht mehr, das heißt die Röschen werden welk sein, bis sie zu Dir kommen, schade. Ich glaubte bestimmt, Du hättest noch ein paar Tage Deine Freude daran gehabt. Die Blumen in den Gärten blühen doch so schön. Die Sonne scheint ja auch jeden Tag und ich, ich könnte aus der Haut fahren, wenn ich drinnen hocken muß. Weißt Du, so langsam kommt wieder die Lust zum Arbeiten. Wenn erst der Schnupfen vorbei ist, dann wird alles wieder gut.
Ja Ernst, Du sprichst noch davon, daß nach Weihnachten ein anderes Leben für mich beginnt. Wenn es doch nur so weit wär, ich darf gar nicht daran denken. Dein Brief, der morgen kommt, wird nicht mehr so erwartungsvoll geschrieben sein und wird nicht darunter stehen, Dein glücklicher Ernst. Ich hätte Dir so gern diesen Wunsch erfüllt. Es war in den Tagen auch mein sehnlichster Wunsch. Ich habe es Dir nicht so zugeben wollen.
Hast Du auch an Helmuts Geburtstag gedacht? Alfred habe ich geschrieben und ich habe ein kleines Büchlein dazugepackt und an Erika geschrieben. Ich weiß doch seine Nummer nicht. Mutti schrieb, daß viele 116er in Lauterbach und Umgebung in Quartier seien. Kurt Strack ist auch in Lauterbach. Schade, daß wir jetzt nicht in Lauterbach sein können. Du hättest so manchen Bekannten getroffen. So mein Bib, jetzt mach es gut und denke an meine Fragen. Ich gebe Dir einen ganz herzinnigen Kuß,

Deine glückliche Frau

 

 



Ansicht des Briefes

 

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