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Brief (Transkript)

Ernst Guicking an Irene Guicking am 16.05.1941 (3.2002.0349)

 

Im Westen, den 16.5.41



Mein Schatzi,

gestern erhielt ich Deinen Brief vom 08. und heute vom 11.,12. und 13. Also drei Briefe auf ein Mal. Ich danke Dir Bobelchen. Du hast mich gut bedacht heute. Aber jetzt hast Du mir auch einen Schrecken eingejagt. Was wollen die Beiden machen? Den Wein und den Sekt wollen Sie trinken? Oh weh, oh weh, der Tag für die Getränke ist noch weit, aber wir wollten doch nicht die Flaschen anrühren. Hoffentlich ist noch etwas vorhanden davon. Das sollte doch aufgehoben werden bis zum September. Wenn sie das Zeug alle getrunken hätten, wären Sie ja vier Tage besoffen gewesen. Und solch eine Ausdauer traue ich den beiden ja doch nicht zu.
Aha, endlich kommt die schon so lange erwartende Nachricht. Also merkst Du doch so langsam, daß etwas im Entstehen ist. Bin ich doch endlich mal etwas beruhigt. So, und Hildegard macht ihre Witze darüber? Laß ihr doch den Spaß. Sie hat scheinbar auch ihre Freude daran. Endlich sind die Päckchen angekommen. Ich hatte sie schon auf der Verlustliste stehen. Ja Bobi, mit meinem neuen Burschen will es noch nicht so recht klappen. Ich werde also höchstwahrscheinlich meinen Micki wieder holen. Du hast doch nicht etwa davon an Micki geschrieben? Die Sache an meinem Geburtstag hat er wirklich sehr hübsch gemacht. Von wegen voll gesoffen Bobi, wie das klingt, so ordinär. So etwas tun doch anständige Leute nicht. Wir waren doch nur etwas angeheitert. Nein, in der Wirtschaft waren wir auch nicht. Wir sind am Sonntag ins Gebirge gefahren. Weißt Du, in die Schweizer Berge. Halt, doch in eine Burgwirtschaft. Ich schrieb doch angeheitert. War sehr schön da oben. Stiehlers habe ich eben auch geschrieben. Und für den Kuchen habe ich doch einige Tage später gleich danke gesagt. Scheinbar hat der Brief sein Ziel verfehlt. Willst Du von Frau Stroh noch Eier haben? Die Adresse schreibe ich Dir in den nächsten Brief. Ich habe für ein Ei 10 Pfennige bezahlt. Ist das denn viel? Ich kann doch die Butter auch entbehren. Mach Dir mal keine Gedanken. Ich bekomme doch die Butterration von der Küche. Wir können uns keinesfalls beschweren, Bobi.
Was soll ich zu Hess sagen? Die Politik unseres Führers ist ja unergründlich. Es wäre der größte Fehler sich darüber irgend einem Gedankengang hinzugeben. So drollig es ist, es hat ja alles gestaunt hier. Aber ich habe diesen Flug vorausgesehen. Ich weiß nicht, ich kann mir nicht helfen. Ich habe immer gedacht, einer muß doch wohl da sein, der die Courage hat und vielleicht den Engländern einen Frieden anbietet. Ich sage Dir nur das eine, wer zuletzt lacht. Und daß das unser Führer ist, darüber sind wir uns alle klar. Also abwarten. Wir werden schon sehen was kommt.
Das Buch, "Der werdende Vater", ja das ist so eine Geschichte. Gott sei Dank, im Badezimmer, in der Badewanne brauche ich wohl nicht zu schlafen. Dafür ist ja gesorgt. Aber wie es weiter noch kommt? Na ja, wir werden es ja hoffentlich noch erleben. Es wird schon genug zu lachen geben. Auch für uns beide. Aber so viel weiß ich, man wird mich nicht in die Badewanne zum Schlafen zwingen. So, mein Schatz, draußen regnet es, desto besser schläft es sich jetzt. Ich küsse Deine Augen und Deine Stirn und ich wünsche Dir eine ganz ruhige Nacht, eine gute Nacht.

Dein Mann

 

 



Ansicht des Briefes

 

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