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Brief (Transkript)

Horst Feldbusch an seine Eltern am 14.11.1943 (3.2002.0302)

 

Mährisch-Schönberg, 14. XI.43



Liebe Mutter! (Lieber Vater!)

Am heutigen Sonntag habe ich genügend Zeit, Dir Ausführliches zu berichten. Wie Du aus beigelegter Karte ersehen kannst, ist die Gegend hier bei schönem Wetter immerhin annehmbar, umso furchtbarer wird sie aber bei schlechtem Wetter und beim Dienst. Hier ist Lehmboden und äusserst schlechtes Wetter augenblicklich. Folglich ist die ganze Gegend ein glitschiger Schlamm. Jetzt stelle Dir bitte einen ziemlich abschüssigen Hügel vor und darauf wir. Nach einigen Minuten sind wir total versaut. Dies alles ist, da die Führer zum grossen Teil anständig sind, noch auszuhalten, würden wir nicht geradezu unverantwortlich schlecht verpflegt, und zwar in allem. Wir wohnen in R.A.D.-Baracken. An und für sich ist dagegen nichts einzuwenden. Nun bekommen wir aber für unsere Öfen sage und schreibe alle 3(drei)Tage 1(einen)Eimer Kohlen! Kein Wunder, dass ein jeder erkältet ist, auch ich, meine Nase läuft wie die Feuerwehr. Jetzt, da wir uns von aussen nur ungenügend erwärmen können, müssten wir nach den guten Erfahrungen in Detmold, Münster und Braunschweig eigentlich einigermassen zu essen bekommen. Doch genügt der Schweinefrass nicht den bescheidensten Bedürfnissen.
Das Mittagessen, das wir bisher 4 x eingenommen haben, bestand aus eklig schmeckendem Weisskohl mit Pellkartoffeln. Diese Scheisse haben wir jetzt seit 3 Tagen hintereinander heruntergewürgt. Heute, Sonntag, war das Essen dasselbe, nur wurde zur Feier des Tages der Weisskohl weggelassen. Unsere Brotration besteht aus einem Drittel Brot für den ganzen Tag. Dazu wenig Margarine, etwa 10-15 gr. Jeden 2. Tag gibt es dann 30-40 g Wurst an diesen Tagen fällt der warme "blaue Heinrich" aus. Kommentar überflüssig. Zu rauchen bekamen wir für 10 Tage 6 Zigaretten und 7 Stumpen, schlechtester kaum rauchbarer Güte. Es besteht der allgemeine Wunsch, dass wir möglichst bald abtransportiert werden und wenn auch nach Russland. An und für sich sollen wir in der kommenden Woche abgestellt werden. Doch kann dies noch evtl. umgestossen werden. Jedenfalls hoffe ich, dass Du mir einmal schreibst, wenn auch als Eilbrief. Bis jetzt habe ich nämlich nur 1 Karte und 1 Brief von Dir in Detmold bekommen, und das ist mittlerweile 2 Wochen her. Überhaupt bin ich in den letzten Wochen herumgereist. Vor 5 Wochen Gelsenkirchen, vor 4 Wochen Isselburg, vor 3 Wochen Duisburg, vor 2 Wochen Detmold, vor 1 Woche Braunschweig, heute Mährisch-Schömberg und keiner weiss, wo ich am nächsten Sonntag sein werde.
Nun ich werde mich gleich zu Bett legen. Wer lange schläft den Gott ernährt. Begreifen kannst Du, dass ich von diesem Brief keine Abschrift machen kann, (für Vater), schicke ihm den Wisch eventl. zu. Nun, grüsse alle, Corskamp, Tante Anna, Hanni, Lotte, Onkel Willi usw. usw. und sei selbst (auch Vater natürlich) herzlichst gegrüsst von Deinem
Horst

Die Karte verwahre als Andenken.

P.S. Von meiner Stube ist ein Kamerad bombengeschädigt worden. Ist bei uns noch alles in Ordnung? Ist der Koffer angekommen? Ist das Postsparbuch angekommen? Beides ging nach Duisburg.
Viele Grüsse Horst

Die Karte verwahre als Andenken!

 

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