Brief (Transkript)
Wilhelm Nünnighoff an seine Eltern am 25.10.1944 (3.2008.1389)
Mauer-Oehling, am 25.10.44
Liebe Eltern!
Endlich einen Brief von Euch. Heute erhielt ich nach langem Warten mal wieder einen Brief von Euch. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich war. Aus euren Zeilen ersehe ich, daß Ihr auch lange keine Post von mir bekommen habt. Ja die Post zum und vom Westen geht sehr schlecht. Gestern hatten wir wieder eine Haupt-Visitte. Da meine Wunde schon ziemlich gut verheilt war, hat er mir erlaubt, aufzustehen. Nun kann ich wenigstens mal etwas an die frische Luft gehen. Da ich nun so schlecht aussehe, hat man, um festzustellen woran das liegt, bei mir eine Blutprobe gemacht. Diese ist sehr gut ausgefallen. Der Arzt will es aber feststellen, woran das liegt. Somit will er jetzt meinen Magen untersuchen. Da wird morgens in der Frühe bei nüchternem Magen etwas aufgeweichtes Weißbrot gegessen. Nach 10 Minuten bekomme ich dann einen Gummischlauch durch die Speiseröhre in den Magen gesteckt wobei ich dann die Magensäfte durch den Schlauch ausbrechen muß. Das hat man heute morgen mit mir gemacht. Da die Schwestern aber nach dem Essen zu lange gewartet haben, so daß es schon fast alles verdaut war, kam für die Untersuchung zu wenig Magensaft heraus. Nun muß ich das morgen noch einmal machen. Ich kann Euch sagen, das ist verdammt nicht so einfach. Vor allen Dingen hat man im Magen Schmerzen beim Brechen weil doch fast nichts im Magen ist. Na, ich will hoffen, daß morgen genug rauskommt. Nun mal zu Euren Zeilen. aus Euren Zeilen sehe ich, daß Ihr nochmal „Aktivanad“ schicken wollt. Tut das bitte nicht. Ich habe die halbe Flasche gerade leer, weil ich in letzter Zeit Magenschmerzen davon habe. Mein Appetit ist auch so gut. Ich kann gar nicht genug bekommen. Dann habt Ihr auch wieder ein Paket abgeschickt. Hoffentlich kommt es bald an. Wie habt Ihr denn die 100 Zigaretten in die Front geschickt. Man konnte doch gar nichts schicken. Die werde ich wohl nicht mehr wieder sehen. Wie gut könnte ich die jetzt gebrauchen. Ich habe bestimmt schon 10 Tage nichts zu rauchen. Ihr fragt, wie denn der Inhalt der Pakete geschmeckt hätte. Das bedarf wohl keiner Frage. Was von Mutter geschickt wird, schmeckt immer gut. Wie ich aber schon schrieb, schickt mir bitte keinen Stuten und vor allen Dingen keine Butter. Der Stuten wird trocken, weil er schon lange unterwegs ist und die Butter wird mir schlecht.
Das ballern der Geschütze hört Ihr also auch schon. Dann sind die Tommys ja schon ziemlich nahe an Euch heran. Wie ist es denn mit dem Volkssturm? Hat Vater sich auch schon melden müssen? Hoffentlich ist der davon befreit. Dann will ich lieber gleich an die Front gehen und für Vater mitkämpfen. Ich wollte nur, der Krieg hätte schon mal ein Ende. Nun mal zu dem Fall Joh. Spiethoff. Ja, da kann ich den Angehörigen leider keine Auskunft geben. Ich kenne den Mann sehr gut. Er hat in der Rekrutenzeit bei uns auf der Stube gelegen. Wie Ihr schreibt ist er seit dem 8.7. vermißt. Zu der Zeit war ich ja noch beim Feld-Ers.-Btl.. Als ich zur M.-G.-Komp. zurückkam habe ich mich sofort bei den übriggebliebenen Kameraden erkundigt, wo die Kameraden, die nicht mehr da waren, seien. Über Spiethoff konnte mir keiner Auskunft geben, weil fast immer ganze M.-G.-Bedienungen in Gefangenschaft geraten oder gefallen sind. Wenn er nicht aus der Gefangenschaft schreibt, was natürlich nicht so schnell geht, dann wird er wohl gefallen sein, was keiner mehr beobachten konnte. Das muß sich dann alles da abgespielt haben, als unsere Div. im Wehrmachtsbericht genannt worden ist. Da meint Ihr noch, ich wäre erst in letzter Zeit zu den M.-G.s gekommen. Ja, darüber seid Ihr nicht im Bilde. Zu einer M.G. Komp. gehört auch ein Granatwerfer-Zug. Eine ganze M.G.Komp. besteht aus 3 M.-G. Zügen und ein Granatw.-Zug. Zuerst war ich natürlich bei den Granatwerfern. Also, da kann ich den Angehörigen nicht helfen. Wie ich es geschildert habe, wird es wohl gewesen sein. Die Frau kann sich ja mal beim Komp.-Führer erkundigen. Er heißt Leutnant Petschenka. Vielleicht kann der Näheres sagen. Willi Roßhoff soll also zur SS kommen. Da hat er aber noch was zu krabbeln. Von der Luftwaffe kommen sehr viele zur Infanterie. Nun ist meine Weißheit wieder zu Ende. Grüßt bitte alle Verwandten und Bekannten von mir. Seid auch Ihr vielmals gegrüßt von Eurem Sohn Willi
Ansicht des Briefes
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