Brief (Transkript)
Wilhelm Nünnighoff an seine Eltern am 25.08.1944 (3.2008.1389)
Italien, am 25.8.44
Liebe Eltern!
Nun komme ich endlich wieder dazu, Euch einige Zeilen zu schreiben. Besonders ist es meine Pflicht, Euch auf eine ganze Menge Post zu antworten. Wie groß war die Freude, als ich vor einigen Tagen des Nachts auf dem Marsch fünf lange Briefe empfangen konnte. Das Essenfahrzeug war und während des Absetzens entgegengekommen und hatte die Post mitgebracht. Diese Briefe waren alle noch auf die Feldp.Nr. 21842 E wurden uns dann zusammen zugestellt. Es waren Briefe vom 5.7., 19.7., 24.7., 26.7. und vom 30.7..
Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie ich mich gefreut habe, als soviel Post für mich dabei war. Jetzt werdet Ihr wohl bald wissen, daß ich wieder bei der alten Einheit bin. Bis jetzt war ich noch bei den Granatwerfern und bin seit gestern durch eine neue Kompanieaufstellung jetzt bei den s.M.G.. Ich habe mich schwer geärgert darüber ist aber nichts dran zu machen. Als wir uns das letzte Mal absetzten war der Feind schon ziemlich nahe an uns heran gekommen. Als die feindliche Infanterie über eine Höhe plötzlich vorstieß, mußten wir wie die Wahnsinnigen schießen. Die Schüsse sassen genau alle in die vorstürzende Infanterie. Als der letzte Schuß verschossen war, mußten wir sofort den Werfer abbauen und machen dass wir fortkamen. Ich kann Euch sagen, das heiß geschossene Rohr mußte ich Berg auf Berg ab ein paar km weit tragen. Da kommt man doch auf den Hund bei. Dann mußten wir zu guter Letzt noch einen Fluß durchqueren bei dem mir das Wasser bis an den Knien ging. Man muß dabei sehr vorsichtig sein, denn bei Tropenhitze zuerst das schwere Gerät geschleppt und dabei wahnsinnig geschwitzt und plötzlich durch das kalte Wasser. Am liebsten hätten wir uns gleich ausgezogen und wären ganz rein gegangen. Leider hatten wir dazu keine Zeit mehr. Am Abend konnten wir dann etwas verschnaufen und dann ging es weiter die ganze Nacht durch. Allerdings wurde dann das Gerät verladen. Nun sind wir zwei Tage herausgezogen worden um uns mal wieder richtig zu regeln und unsere Waffen zu reinigen. Das brachte soviel Arbeit mit sich, dass wir alle zwei Tage nicht dazu kamen, ein Lebenszeichen nach Hause zu senden. Nun werden wir in einen anderen Abschnitt wieder neu eingesetzt. Das ist etwas weiter von der Küste entfernt.
Nun einmal zu Euren Zeilen. In dem Brief vom 5.7. schreibt Ihr, daß ich von einer schweren Krankheit befallen war. Das ist ja jetzt schon ziemlich lange her. Mir geht es jetzt wieder einigermaßen gut. Nur die Kräfte habe ich schwer verloren. Wenn ich einen Berg rauf gehe, dann muß ich ein paar mal halt machen. Wenn ich eine lange Treppe hinaufsteige, dann bin ich ganz hinter Atem. Der Komiß raubt einem völlig die Gesundheit. Ihr schreibt, dass ich doch in einem Lazarett zur Pflege schicken müßte. Ja, liebe Eltern, so schnell geht das nicht. Das muß schon besonders schlimm sein.
Wie ihr schreibt, sind die Einflüge jetzt wieder ganz toll. Seid nur vorsichtig und geht nur rechtzeitig im Bunker. Die Flieger sind unberechenbar. Bei uns ist das auch ganz schlimm mit den Tieffliegern. Wenn sie mal nicht da sind, das kann man sich aber bestimmt notieren. In dem Brief vom 29.7. schreibt Ihr, daß Werner nun auch eingezogen worden ist. Das wurde auch allerhöchste Zeit. Alle andern stehen schon bald ein Jahr unter die Soldaten und tuen schon zum größten Teil eine lange Zeit ihre Pflicht an der Front. Jetzt werden sie ihm aber frisch Brödchen servieren. Der wird sich noch schwer wundern und umstellen müssen. Na ja, mal abwarten was er schreibt. Jetzt kann er sich ja auch noch Pakete schicken lassen, aber vielleicht kommt er auch bald in ein Feindesland wo das Paketeschicken aufhört. Wie ich sehe wollt Ihr das mit den Stiefeln erledigen. Das Futter gibt also Aug. Dibbern dafür. Das hatte ich mir schon gedacht, grüßt ihn mal recht schön von mir. Denkt aber daran, das an jedem Stiefel oben ein Riemchen angebracht werden muß sonst rutschen sie runter. Dann muß an der Stiefelhose noch unten an den Beinen etwas breiter gemacht werden. Wenn ihr das noch machen lassen könntet wäre mir lieb. Wie ich sehe habt Ihr viel Obst gehabt. Es ist nicht schlimm, dass ich nicht mitessen konnte, ich habe hier genug von dem Obst. Meine Augen sind wieder einigermaßen in Ordnung. Schickt mir doch bitte einige Bleiminen für meinen Drehbleistift. Wenn ich mal länger nicht schreibe, dann seid nicht direckt besorgt. Ihr seht ich habe manchmal wenig Zeit habe. Schreibt Ihr mir so oft Ihr könnt. Nun möchte ich wieder abschliessen. Bis zum nächsten Brief seid nun herzlich gegrüßt von Eurem Sohn
Willi
Ansicht des Briefes
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