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Brief (Transkript)

Wilhelm Nünnighoff an seine Eltern am 10.08.1944 (3.2008.1389)

 

Im Felde, am 10.8.44



Liebe Eltern!

Ich bin gerade auf der B.-Stelle und habe hier etwas Zeit und Gelegenheit an Euch ein paar Zeilen zu richten. In der vergangene Nacht haben wir uns wieder vom Feinde abgesetzt und sind hier wieder neu in Stellung gegangen. Bei den Absetzbewegungen in der vergangenen Nacht mußten wir einen Fluß durchlaufen. Gelegenheit zum trocknen haben wir nicht, es bleibt und also nichts anderes übrig, als die Sachen am Leibe trocknen zu lassen. Geschlafen habe ich heute noch nichts. Wenn wir nämlich in der neuen Stellung angekommen sind, was meistens in den frühen Morgenstunden der Fall ist, dann wird keine Pause gemacht, sondern kurz abgeschnallt und mit dem Bau der Stellungen begonnen bis sie fertig sind. Dazu kommen dann immer noch die Deckungslöcher und Bunker für die ganze Bedienung. Wann man dann zum schlafen kommt, könnt Ihr Euch ja vorstellen. Um 13.00 Uhr mußte ich auf B.-Stelle ziehen und werde heute Abend um 22.00 Uhr abgelöst. Ich bin bestimmt froh, wenn ich diese lange Zeit herum habe. Es macht bestimmt kein Spaß, neun Stunden dauernd zu beobachten. Man muß es aber aushalten können, auch wenn man die ganze Nacht nicht geschlafen hat. Im Augenblick haben wir hier auch noch Regenwetter, sodaß unsere Sachen nicht nur durchnäßt sondern nebenbei noch voll Morast sind. Hose und Jacke sind vollständig steif. Na ja, auch das geht alles wieder vorüber: Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir an eine neue Auffangstellung gelangen die schon seit längerer Zeit von der O.T. im Bau ist. Da werden wir den Feind wohl wieder für längere Zeit halten können. Ich habe nur den einen Wunsch, daß wir bald einmal abgelöst werden und in Ruhe kommen um unsere Sachen und unsere Körper einmal wieder richtig in Ordnung zu bringen.
Die Päckchensperre wird wohl überhaupt nicht mehr aufgehoben, was? Dann müssen wir eben damit auskommen, was wir hier bekommen. Dreimal in der Woche bekommen wir ein kleines Päckchen als Sonderverpflegung für Frontkämpfer im Infanterieverband. In den Päckchen sind 20 g Schokolade, 80 g Keks, 6 Zigaretten, 1 Rolle Drops und einen Fruchtriegel der aus gepreßte Rosinen und Aprikosen besteht. Dann bekommen wir zum Abendverpflegung oft noch jeder ein paar kleine Tüten Drops. Man hat so wenigstens etwas Süßes schon mal.
Wie ist es denn jetzt bei Euch mit dem Fliegeralarm? Legt die Gans eigentlich schon? Werner wird wohl immer noch zu Haus sein, was? Der hat ja verdammt Glück. Nun will ich diesen Brief für heute abschließen. Richtet bitte an alle herzliche Grüße aus. Ich kann mit dem besten Willen nicht an alle schreiben. Ich bin froh, wenn ich einen Brief an Euch fertig habe. In der Hoffnung, bald wieder gute Nachricht von Euch zu erhalten, grüße ich Euch aufs herzlichste Euer Sohn
Willi

 

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