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Brief (Transkript)

Wilhelm Nünnighoff an seine Eltern am 24.04.1944 (3.2008.1389)

 

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Italien, am 24.4.44



Liebe Eltern!

Heute erhielt ich Euren lieben Brief vom 10.4.44 Nr. 5. Vielen Dank dafür. Ihr schreibt, daß Ihr vor Ostern eine große Arbeitswoche gehabt habt. Das kann ich mit gut vorstellen. Und daß man im fünften Kriegsjahr noch so ein Bestrich hat, noch schlimmer wie in den Vorjahren, soll man bald nicht für möglich halten. Man sieht aber die Leute haben immer noch etwas. Es freut mich besonders, daß alles gut geklappt hat, und Ihr alles geschaft habt. Ihr habt ja wenigstens die zwei Ostertage etwas Ruhe gehabt. Das habt Ihr ja auch bestimmt verdient. Des Sonntags habt Ihr ja doch immer mit den Marken zu tun. Mit dem Alarm ist es ja so schlimm bei Euch. Ich hörte gerade von einem Kameraden auf meiner Stube, der aus Styrum stammt, dass Ihr am 10.4. neun mal Alarm hattet. Ja, liebe Eltern, das ist bei uns eine Kleinigkeit. Bei uns wird kaum Entwarnung geblasen, da läuft die Sirene schon wieder zum neuen Alarm an. Das schönste ist, die Flieger kommen meistens, wenn Entwarnung gegeben ist. Gestern war Sonntag, da bin ich mal einige km in eine Nachbarstadt gelaufen. Diese Stadt ist bis jetzt noch nicht bombardiert worden. Ich traf dort einen Italiener der 3 Jahre in Deutschland war und eine Wienerin zur Frau hat. Er sprach gut deutsch. Ich habe mich eine ganze Zeit mit ihm unterhalten. Wir gingen dann zusammen in ein gutes Hotel und alles, was ich mit ihm verzehrte, bezahlte er für mich. Dieser Mann stand in deutschen Diensten bei der S.D. (Sicherheitsdienst zur Beseitigung der Banden). Wenn ich eben Zeit habe, dann gehe ich nächsten Sonntag zu ihm und laß mich da mal fotographieren. Er hat nämlich Beziehungen dazu. Dann könnt Ihr mal sehen wie braun ich bin. Frau Schulz sagte Euch schon, daß unsere Ausbildung um vier Wochen verlängert sei. Ja diese sind aber schon bald herum. Anfang Mai soll eine zweite Besichtigung stattfinden. Anschließend können wir sehr wahrscheinlich nach und nach in Urlaub fahren. Ich kann Euch aber noch nichts bestimmtes sagen. Ich verstehe nur nicht, daß Ihr so wenig Post bekommt. Ich schreibe jeden Tag. Es kommt schon mal vor, daß ich ein Tag nicht zum schreiben komme. Heinz Beil ist jetzt also auch bei der Infanterie. Ja da werden nun mal die meisten Leute gebraucht. Die Lire kann ich noch immer gebrauchen. Ebenfalls 5,- RM Stücke aber nicht 2,- RM Stücke. Die Bäume stehen also bei Euch jetzt in voller Blüte. Da ist ja erfreulich. Schickt mir aber bitte kein Obst. Es kommt ja doch alles ungenießbar hier an. Das hat ja keinen Zweck. – Als ich gestern in der Nachbarstadt war, überraschten mich plötzlich englische Flieger. Ungefähr kamen 20 Tiefflieger in 250 m Höhe und warfen einige Bomben. Sie drehten dann wieder ab, kamen wieder zurück und schossen dann aus allen Rohren mit Bordkanonen. Mir ist aber nichts passiert. Macht Euch nur keine Sorgen, ich gebe schon Obacht und weiß auch wie ich mich zu verhalten habe. Am besten ist immer in einen Graben im freien Feld der hoch mit Gras bewachsen ist damit man gegen Fliegersicht getarnt ist. Der Kopf im Dreck dann passiert einem nichts. Man kann dann höchstens einen Volltreffer kriegen, aber [?] Bombe trifft auch nicht. Ich habe wohl schon mal dicke Lehmklumpen ins Kreuz bekommen wenn die Bomben in unmittelbarer Nähe detonierten, aber das kann man noch aushalten. Es sind nur geringe Schmerzen, gehen aber schnell wieder fort. Heute griffen die Tommys wieder dieselbe Stadt an. Bei uns sind auch einige Bomben gefallen, aber nichts passiert. Es sind alles viermotorige Bomber die von doppelrümpfigen Jägern gesichert werden. Die kommen so niedrig, daß man die Kokarde bald erkennen kann.
Ich habe nun noch einen Wunsch. Schickt mir bitte meine Sonnenbrille. Die kann ich gut gebrauchen. Ich möchte nun den Brief abschließen.
Ich hoffe, daß diese Zeilen genügen. Seid alle vielmals gegrüßt von Eurem
Sohn Willi.

 

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