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Brief (Transkript)

Wilhelm Nünnighoff an seine Eltern am 18.02.1944 (3.2008.1389)

 

Im Felde, am 18. Februar 1944



Liebe Eltern!

Habe soeben Feierabend gemacht. Heute war ich den ganzen Nachmittag am Adriatischen Meer. Ich habe direkt so vor mir das schäumende Wasser gehabt. So etwas herrliches habe ich noch nicht gesehen. Man sieht nur Wasser. Das ist ungefähr 1/4 Stunde von meiner Unterkunft zu laufen. Das Adriatische Meer ist gegenüber allen anderen Meeren das ruhigste Wasser. Man kann sich ruhig nahe ans Wasser ranstellen. An der Küste entlang stehen lauter Villen. Das sind Häuser! Sowas habe ich in Deutschland noch nicht gesehen. Alleine schon was an Möbeln da drin steht. Alle diese Leute wohnen nicht mehr in diesen Häusern. Hier ist nämlich oft Fliegeralarm. Die Stadt ist auch schon schwer von feindlichen Terrorflugzeugen heimgesucht worden. Die Leute sind hier dermaßen ängstlich, daß sie bei ertönen der Sirene sofort die Stadt verlassen und die Vororte aufsuchen. Aus diesem Grunde sind die meisten Leute hier ausgewandert.
Auch bei der Fahrt nach hier habe ich viel zu sehen bekommen. So z.B. sind wir etwa 100 m am Bodensee vorbeigefahren. Anschließend ging die Fahrt in den Nachmittagsstunden durch die Alpen. Manchmal ging es 20 Minuten lang in D-Zugartiger Geschwindigkeit durch einen Tunnel. Auch die hohen, mit Schnee bedeckten Berge sind ein herrliches Bild. Wir sind dann noch durch Darmstadt und München gefahren. Diese Städte habe ich aber nur im Streifzug gesehen. Alle anderen großen Städte haben wir des Nachts durchfahren. Wir wurden allerdings wieder in einem Viehwagen transportiert der mit 42 Mann besetzt war. Ihr könnt Euch da gut vorstellen, wie wir da gequetscht gesessen haben und daß da an schlafen kein denken war. Dann muß ich noch dazu erwähnen, daß wir während der ganzen acht Tage nur einmal warmes Essen empfangen und einmal in Stuttgart während der Nacht warmen Kaffee empfangen haben. So mußten wir also pro Tag mit Brot und wenn man hatte Krohnenwasser [?] auskommen. Hier die Verpflegung ist nicht viel anders. Satt wird man zu keiner Malzeit mehr. Für morgen früh habe ich schon alles aufgegessen und bin noch nicht satt. Ich kann mir hier auch nicht viel zu Essen holen, denn es ist alles sehr teuer und so viel Lire hab ich ja nicht. Also denkt bitte an schicken. In den 100 g Päckchen könnt Ihr ja Honigkuchen oder Printen schicken. Auch Zigaretten muß ich haben. Schickt aber bitte soviel wie Ihr könnt. Ich bin Euch zu jeder Zeit dankbar dafür. Nun für heute Schluß. Seid alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Willi

Der Jüngste ist mit Vittinghoff verheiratet.

Viele Grüße Euer Sohn Willi
Gute Nacht

 

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