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Brief (Transkript)

Eltern an Helmut Schneiss am 18.07.1943 (3.2002.7595)

 

Daun, den 18. 7. 1943



Mein lieber Helmut!

Nochmals meinen herzlichsten Dank für Deinen letzten Brief vom 13.7, dessen Empfang ich Dir bereits mittelst Ansichtskarte bestätigte. Ich muß immer wieder erneut meiner Freude Ausdruck geben darüber, daß Du so fleißig schreibst und Dich von Deinem Gefühl leiten läßt, daß man sich freut, wenn man Post fern der Heimat erhält, Dein Fleiß, mein lieber Sohn, und Deine Elternliebe soll nicht unbelohnt bleiben.
Gerade am heutigen Tage – unser Hochzeitstag und die Taufe unserer kl. Hannelore – sind meine Gedanken bei meinen Lieben in Detmold. Ist das nicht ein wundersames Zusammentreffen?. Ach’ wie bedauere ich, daß ich heute nicht unter Euch sein kann. Für Dich ist die Reise auch anstrengend, aber Dein Ziel wird wenigstens erreicht.
Heute nachm. bin ich mit meinen Kameraden einmal nicht herausgegangen, weil ich meine Dienst- und Privatangelegenheiten schriftlich erledigen muß. Mit meinem Ehrenamt, welches ich hier habe, sind so manche schriftl. und andere Arbeiten verbunden, von welchen meine Kameraden nichts wissen. Aber ich tue es gerne und schließlich muß es ja auch einer machen, denn nur einer kann führen in einem größeren Verband bezw. in einer größeren Gemeinschaft. Das Erfreuliche für mich ist: Meine Kameraden sind „so“ in Ordnung. Mein Vater sagte früher immer: „ Wie der Herr, so das Gescherr“! Diese Worte sind wahr und ich ließ mich in meinem bisherigen Leben, wenn ich irgendwo und irgendwann mit einer führenden Aufgabe betraut wurde, von diesen Worten leiten. Solltest Du in Deinem späteren Leben in solche Lagen kommen, lieber Helmut, mache auch Du Dir bitte diese Worte zu eigen.
Voll größter Freude kann ich Dir nun mitteilen, daß unser gestriger Kameradschaftsabend, welchen ich zu leiten die Ehre hatte, ein voller Erfolg war und alle Erwartungen weit übertroffen hat. Meine Kameraden aus dem Gau Essen haben, wie ich heute immer wieder hören durfte, noch keinen schöneren und gemütlicheren K.-Abend verlebt. Der Humor sprudelte nur so, alles ohne Alkohol, nur mit Dünnbier und Apfelsaft. Den Verlauf möchte ich Dir kurz schildern. Die Musik spielte eingangs „Preußens Gloria“. Dann erhob ich mich zu einer Ansprache. Zunächst gedachte ich unserer tapferen Gefallenen. Alle erhoben sich von ihren Plätzen. Meine Worte: „Wir gedenken unserer toten Helden! Sie sterben für Deutschl. Zukunft und Freiheit! Ihr Tod ist uns Verpflichtung, weiter zu kämpfen bis zum endgültigen Sieg Großdeutschlands!“ Dann spielte die Musik das Lied vom guten Kameraden! Dieser Akt war tief ergreifend. Sodann begann ich mit meiner eigentlichen Begrüßungsansprache, deren Ende humorvoll und mitreißend ausklang. Die Führerehrung mit dem Deutschland- und Horst Wessellied fehlte natürlich nicht. Weiter fehlte auch nicht ein selbstverfaßtes Gedicht, welches Du später lesen kannst. Es waren ziemlich viel Gäste anwesend vom Kreis und Gau. Die Evastöchter fehlten natürlich auch nicht. Unsere Kameraden vom neuen Einsatz hatten schon vorher genügend Propaganda gemacht, die jungen kriegsbeschädigten Kameraden sind natürlich jeden Abend hinter den Dauner Mädel her.
Wir haben hier im „Eifeler Hof“ auch eine Kegelbahn, welche wir, wenn sie frei ist, abends fleißig benutzen.
Hier habe ich schon etwas Kegeln gelernt. Heute abend wird wieder „geschoben.“ Ja, l. H. man muß stets mitmachen und unter seinen Kameraden sein um Kontakt halten zu können. Isoliert man sich, dann lernt man die einzelnen Kameraden auch nicht kennen. Bei diesen Gelegenheiten findet man auch die schlummernden Talente heraus und gewinnt diese für einen Kam.-Abend; stimmt’s?
Ich habe hier ein wunderschönes Zimmer, wohl das schönste im Hotel. Wir haben schöne Gruppenbilder gemacht, welche Du später sehen kannst. Kaum hat man das Hotel verlassen, ist man im Grünen.
Zur Saaldekoration schleppten meine Kameraden gestern Tannengrün und allerlei Blumen heran. Der Saal trug somit eine weihevolle Note. Das hebt naturgemäß ungemein die Feierstimmung. Später mehr!
Mir geht es wieder einigermaßen gut. Sirenen hört man hier überhaupt nicht, also kann man Nachts ungestört ruhen. Trotzdem ist während meines Hierseins nicht weit von meinem Hotel eine Bombe gefallen, zunächst als Blindgänger und am nächsten Tage explodiert. Kurz vorher spielten Kinder an der Schadensstelle. Später mehr hierüber.
Von unserem Mütterchen habe ich hier noch immer keine Post erhalten, auch meine übrigen Gau-Essener Kameraden nicht – ein kleiner Trost. –
Daß wir uns nun bald wiedersehen, ist meine Hoffnung.
Recht herzl. Grüße, lieber Helmut,
Dein Vater.
Mittwoch – 21/7. – bin ich wieder zu Hause.
Vielen Dank für Deine Wünsche zu meiner Erholung, auch Dir wünsche ich noch recht angenehme Sonnentage.
Morgen abend sehen wir uns den Film „Späte Liebe“ an.

 

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