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Brief (Transkript)

Eltern an Helmut Schneiss am 01.11.1942 (3.2002.7595)

 

Essen, den 1. November 1942.



Lieber Helmut!

Zunächst möchten wir Dir vielmals danken für Deinen lieben Brief vom 21.10. Wie Dir so geht es auch uns Gottlob immer noch gut. Du fragst in Deinem letzten Brief nach den Hochzeitsbildern. Irmgard war soeben bei uns und hat die Fotos gezeigt. Letztere sind sehr gut geraten. Irmgard wird die Bilder Dir nun schnellstens zusenden. Wir werden uns auch Abzüge machen lassen, denn das sind immer die schönsten Andenken.
Heute haten wir wieder das haus voll Besuch. Tante Anna, Familie Brandt, Tante Gretchen, Anni mit Giesela waren ausser Irmgard noch hier. Irmgard verliess uns zuerst, weil sie mit ihren Eltern noch in’s Kino gehen wollte. Ich habe auch vor einigen Tagen den auch Dir bekannten Film „Dr. Peters“ mit Hans Albers gesehen. Dieser Film hat mir gut gefallen. Er liess an Wagemutigkeit dieser Männer nichts zu wünschen übrig
Gestern war ich mit Mutter in der Ausstellung „Das Sowjetparadies“. Diese Ausstellung veranschaulicht so richtig das sogenannte Leben und die Armut dieser wirklich nicht beneidenswerten Menschen. Die GPU – Kammer zeigte die Schreckensherrschaft im Besonderen. Diese Ausstellung hat mich noch einmal im Geiste nach Russland geführt. Irmgard wird Dir auch über ihre Eindrücke in der Ausstellung berichtet haben, denn sie war mit ihrem Vater auch dort.
Luftangriffe brauchten wir in der letzten Zeit wunderbarerweise nicht zu erdulden. Hoffentlich bleibt es noch lange so, dann wollen wir zufrieden sein.
Feldwebel Karl Mix ist auch jetzt im Urlaub hier und zwar 18 Tage. Mutter und ich werden Gelegenheit nehmen, Ewald’s beseten Freund und Kameraden im Laufe dieser Woche noch zu sprechen. Tante Anna hat heute wieder bitterlich geweint, man kann es dieser bedauernswerten Mutter wirklich nachfühlen. Heinz schrieb mir auch einen ausführlichen Brief, er ist krank, in’s Revier kann es aber nicht, weil so wenig Wachmannschaften vorhanden sind
Recht herzliche Sonntagsgrüße Deine Eltern
L.H.! Denkst Du noch an die Taschenl. – Batterien? Hier sind keine zu haben.

Anlage!
Lieber Helmut!
Nun mal ganz unter uns. Den Brief bezgl. Deines Rauchens hätte ich aus eigenem Antrieb nicht geschrieben, wenn mir Mutter nicht so leid getan hätte. Du weißt doch, daß ich in in dieser Beziehung nicht so kleinlich bin und Dir Deine Zigarette, Zigarre oder auch Dein Pfeifchen gern gönne. Wenn ich nun dieses schreibe, will ich hiermit Mutter nicht etwa in das Licht einer „Meckerei“ rücken. Was ich Dir bezgl. des Rauchens geschrieben habe, sollten keine Vorhaltungen sein, nein, absolut nicht. Ich wollte Mutter mit diesen Zeilen lediglich zur Seite stehen und zwar insofern, daß Du erkennen solltest, daß Mutter es nur immer gut mit Dir meint. Etwas Böses können Deine Eltern doch mit Dir niemals vorhaben.
Deine Zeilen (Stellungnahme zu meinem „Rauchbrief“) hat uns auch wenig Freude bereitet, - am allerwenigsten Mutter – welche wieder Tränen vergossen hat, nur aus Sorgen um Dich. Tag + Nacht sorgt Mutter am allermeisten sich um Dich. Mutter magert jeden Tag mehr ab, ich weiß nicht, wie dies noch enden soll. Bestimmt nimmt das kein gutes Ende, wenn es so weiter geht, ich weiß nicht, was ich noch tun und wie ich Mutter trösten soll. Was wir unternehmen, geschieht doch alles aus der Sorge um Deine Gesundheit und Dein Wohlergehen.
Nun gönne Mutter mal wieder einige liebe Worte, l. Helmut.
Nimm’ mir bitte diese letzten Zeilen zu der Rauchangelegenheit nicht übel, ich hätte Dich weiß Gott lieber hiermit verschont, aber Deine Zeilen bedurften zum letzten Mal einer Erwiderung.
Recht herzl. Gruß Dein Vater.

 

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