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Brief (Transkript)

Eltern an Helmut Schneiss am 27.08.1942 (3.2002.7595)

 

Essen, den 27.8.42.



Lieber Helmut!

Für Deine lieben brieflichen Mitteilungen v. 20. u. 21.8. sagen wir Dir hierdurch unseren herzlichsten Dank. Wir freuen uns, dass Dir noch gut geht, auch wir sind noch gesund. An dem D i e p e - Unternehmen bist Du ja wohl nicht beteiligt gewesen, wenn ihr schon eingesetzt hättet werden müssen, denn wäre die Sache schon etwas brennender gewesen, meinst Du nicht auch? In ca. 9 Stunden war der ganze Spuck ja erledigt. Wir haben dem Amateurstrategen Churschill einen warmen Empfang und damit eine schwere Enttäuschung bereitet.
Grossvaters Tod habe ich Dir bereits in meinem letzten Brief ziemlich, eingehend geschildert, sodass ich mir hier Näheres ersparen darf. Nur möchtest Du noch wissen, Ob wir Grossvater noch einmal gesehen haben. Nein, denn der Bahntransport, welcher von Sonnabends 11 - Sonntag 18 Uhr dauerte, hat dieses leider vereitelt. Die Testamentsöffnung nahmen wir Sonntags vor der Beerdigung bei Tante Dora vor. Der Anfang des Testamentes lautete: "Meine Zeit steht in Gottes Händen. Wenn Ihr diese Zeilen lest, bin ich daheim!" Über den übrigen Inhalt des T. unterhalten wir uns einmal gelegentlich Deines Hierseins. Brieflich lässt sich dieses schlecht machen. Zunächst muss ich nun sämtliche Forderungen bei den zuständigen Stellen geldend machen, was übrigens bereits geschehen ist. Dann müssen die Verpflichtungen erfüllt und die Gläubiger befriedigt werden. Wenn dieses nun alles geschehen ist, kommen die noch vorhandenen Schuldscheine zu ihrem „Rechte. Diese wenigen Zeilen sagen Dir schon, dass eine Fülle Arbeit mit einer Testamentsvollstreckung verbunden ist. Bei mir kommt nur immer die kostbare Zeit infrage. Die Verwirklichung des Willens unseres lieben Erblassers macht mit keinerlei Schwierigkeiten. Wenn Grossvater bezüglich seines letzten Willens aber mit mir vor seinem Tode etwas mehr Fühlung genommen hätte, wäre manches für mich sehr viel einfacher gewesen. Wenn ich einmal den Versuch machte, nähere Einzelheiten zu erfahren, wich Grossvater immer geschickt aus, aus welchem Grunde, ist uns allen natürlich nicht bekannt. Vielleicht dachte er noch viel älter zu werden und demgemäss noch immer Zeit zu haben, mit mir über alles zu reden. Eins möchte ich schon vorwegnehmen. Grossvater hat mir seine goldene Uhr testamentarisch vermacht, fein was?
Lieber Helmut!' Dein Film ist gestern eingegangen. Ich werde diesen schnellstens wegbringen, damit er bald wieder fertig ist und Du ihn, wenn Du in Urlaub kommst, sofort fertig vorliegen hast.
Der Druckfehler in der N.Z. betr. Grossv. Todesanz. ist mir sofort aufgefallen. Mein tel. Anruf zeitigte des Ergebnis, dass die Anzeige nicht noch einmal aufgenommen werden dürfe, statt dessen hat man mir einen 20%igen Rabatt gewährt, auch ein Entchuldigungaussweg, nicht wahr?
Das Irmgard nach ihrer Reise bei uns war, ich habe ich Dir bereits geschrieben. Auch nahm I. an der Trauerfeier für Ewald teil, ebenso war Irmgard vergangenen Sonntag mit Tante Anna usw. bei uns zu Gast. Ein Kartenbrief gibt Dir Kunde hiervon.
Wir danken Dir auch, lieber Helmut, für Deine durch Irmgard bestellte tel. Grüsse. Wie hast Du denn dieses fertig gebracht. Es ist doch eine gewaltige Strecke, Donnerwetter! Wie Irmgard mir sagte, war die Verständigung noch gut.
Wie Dir bereits inzwischen bekannt, geworden ist, war Heinz. einige Tage auf Diensturlaub hier. Er hatte einen Auftrag, den er in Hannover erledigen musste. In einem Tag war er hiermit fertig. Gestern ist H. wieder weggefahren. Bei seinem Komp.Führer, übrigens auch Inspektor bei einer Landesversicherung im Zivilberuf, muss Heinz eine klotzige Nummer haben, sonst hätte er einen Urlaub für H. nicht zurechtgedeichselt.
Heinz nahm auch Abschriften der Mitteilungen des Komp-Führers von Ewald mit. Ich habe diese vorher beglaubigt und damit einem Wunsche H. Komp.- Führers entsprochen.
Auch machte ich Heinz ein Gesuch zwecks Aufnahme in die Feuerwerkerlaufbahn. Dieses Gesuch will sein Komp.- Führer weiterreichen. 15 von mir beglaubigte Zeugnisabschriften liegen bei, wenn das nicht hilft, weiss ich es nicht.
Der fragliche Badeort, bezw. die fabelhafte Sommerfrische, die ich Dir für später auch einmal empfehlen kann, heisst:
St. Valeri en Caux., westl. v. Dieppe.
Die Witterung hier ist in den letzten Tagen sengend heiss. Der Sommer scheint sich in diesem Jahre verspätet zu haben. Heute haben wir zum 2. Mal Tagesalarm. Vergangene Nacht hatten
wir Ruhe.
Ich glaube nun alles ziemlich erschöpfend geschrieben zu hoben. Sei nun für heute wieder recht herzlich gegrüsst
von Deinem Vater

Lieber Helmut! Vater hat ja wieder alles mitgeteilt, da habe ich nichts mehr hinzu zufügen. Nochmals auf die Pumps zu kommen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich welche bekäme. Sie können schwarz oder dunkelbraun sein. Wildleder hätte ich nicht so gern. Na, seh’ mal zu. Mit den herzlichsten Grüßen und baldiges Wiedersehen
Deine Mutter.

 

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