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Brief (Transkript)

Adolf Dick an seine Ehefrau am 04.09.1942 (3.2002.7565)

 

Rußland, den 4.9.1942



Meine liebe Marlies!

Ich will heute abend direkt leichtsinnig sein u. meine Arbeit beiseite legen u. Dir einen Brief schreiben, den der Urlauber Möchter morgen mitnehmen soll. Wie ich nach heute mit dem Spieß gehabter Rücksprache gehört habe, werde ich jetzt wieder eine Hilfe bekommen. Ich muß mir einen neuen anlernen, da Wrede weiterhin bei Kühhirt bleiben soll. Mir soll es recht sein. So ging es auch nicht weiter bei so einer unruhigen Kompanie wie der unsrigen. Ich kann dauernd unterwegs sein, damit jeder sein Recht bekommt u. der Zahlmeister wohnt eine Stunde weit fort. Zur Zeit ist man gerne unterwegs; denn das Wetter ist herrlich u. der Russe schießt nicht mehr so kreuz u. quer in die Gegend, daß man jeden Augenblick Deckung nehmen muß. Nach einigen für ihn verlustreichen u. vergeblichen Angriffen hat er sich zurückgezogen bzw. seine Kampfeslust hat nachgelassen. Als ich vor einigen Tagen mit der Eisenbahn unterwegs war, ging der Rummel los. Morgens um ¾ 5 Uhr setzte sein Trommelfeuer gegen unsere Kampflinie ein. Ich war mit dem Futtermeister am „Bahnhof“ u. wartete auf den Zug. Am Bestimmungsort angekommen hörten wir von einem heftigen Artilleriebeschuß, der gerade vorüber war. Er hatte auch rein gar nichts getroffen. Wir gingen ins Urlauberheim um Kaffee zu trinken. Es war ¾ 8 Uhr. Plötzlich Maschinengewehrfeuer aus Bordwaffen u. das den Ratas eigentümliche Motorengeräusch. Wie ein Spuk waren sie auch wieder in den Wolken verschwunden. Kurz darauf schoß unsere Flak aus allen Rohren. Russische Bomber machten einen Tiefangriff auf den Bahnhof. Wir sahen, wie die Bomben fielen. Erst nach 2 Minuten krepierten sie u. ließen gewaltige Trichter zurück. Unsere Flak kam nicht so richtig zurecht. Sie hatte seit langem keinen Angriff abzuweisen. Die Russen merkten dies u. wurden frecher. Beim zweiten Angriff bekamen sie aber gewaltig Feuer. Alles was ein Schießeisen hatte schoß. Aber scheinbar waren diese amerikanischen Flugzeuge gepanzert. Wir machten inzwischen unsere Wege u. mußten oft bei einem Angriff in Deckung gehen, da die Bordwaffen ohne Pause knatterten. Bis gegen 10 Uhr hatten die Russen nichts erreicht. 1 Mann hatte gleich beim 1. Angriff 3 Beinschüsse u. wie viel Bomben waren wohl geworfen. Der Russe fühlte sich sicher; denn die schwere Flak konnte wenig ausrichten. Sie kamen erneut mit 3 Bombern im Tiefangriff, als plötzlich 3 deutsche Jäger aus den Wolken kamen. Es gab eine wüste Schießerei von den Russen doch nach einer kurzen Kurbelei saßen die Jäger den Russen im Nacken. Da sprachen die deutschen Waffen. Ein ruß. Bomber brannte sofort, entledigte sich seiner Bomben u. versuchte die ruß. Front zu erreichen. Nach einem Kilometer Flug ging er mit dicker schwarzer Rauchsäule zu Boden. Die anderen beiden Russen wurden etwas weiter weg abgeschossen. Die deutsche Luftherrschaft war wieder hergestellt. So blieb es, bis die deutschen Jäger fort waren. Gegen Mittag kamen die Sovjets wieder mit Jägerschutz. Unsere Flak schoß gut u. nach einem Abschuß drehten die übrigen ab. Als wir nach Hause fuhren, hatten die Bomben keinerlei Sachschäden angerichtet, nur einige tiefe Bombentrichter wurden von der Zivilbevölkerung zugeworfen. Die Angriffe auf unseren Zug waren infolge Jägerabwehr erfolglos. Wir waren gut angekommen. Uns war nicht wohl zu Mute gewesen, denn wir hatten 3 Munitionswagen angehängt. Bis auf diese 3 Wagen u 1 Strohwagen war alles ausgeladen u. vom Bahnhof fort, als der Russe einen gewaltigen Feuerüberfall auf den Bahnhof machte. Ich war schon ca. 300 mtr fort, doch uns sausten die Splitter nur so um die Ohren. Leider traf der Russe den Strohwagen, der Feuer fing u. lichterloh brannte u. von dem Feuer auch die Muni-Wagen in Flammen aufgingen. 3 heftige Explosionen folgten u. die Eisenbahnwagen waren nicht mehr. Kilometerweit war der Luftdruck zu spüren. Ich habe wenig gemerkt, da ich am Boden lag. Als der Russe den Erfolg sah, hat er uns auf dem ganzen Weg mit seinen dicken Sachen begleitet. Das Ergebnis war Gottseidank mager. Wir hatten bei der ganzen Schießerei u. Explosion einen Toten, der versucht hatte, den Strohwagen fortzuschieben. Mir wird dieser Tag jedenfalls immer in Erinnerung bleiben. Jetzt sind unsere Flugzeuge schwer am Wirken. Sie greifen den ganzen Tag mit ihren Bombenlasten an. An unserer Front ist es wieder ruhig geworden. Mir geht es gut. Unser Bunker ist gut geworden. 33 Schön geräumig u. ein guter Ofen sorgt für angenehme Wärme. Er hat sogar einen Oberzug u. eine Wärme- bzw. Kochnische, ungefähr 1.50 mtr hoch aus Backstein gemauert. Er brennt auch frisches Holz u. ist abstellbar. Ich habe die Ecke neben dem Ofen. Auch mein Bett ist oben an der Ofenseite. Heute schlafe ich zum ersten Mal darin. Ich bin ganz zufrieden damit. Trotzdem braucht der Winter nicht so kalt zu werden wie der letzte. Die Patronen sind richtig. Zum Schießen kommen wir nicht im Augenblick, obwohl ich gestern morgen beim Zähneputzen einen kapitalen Birkhahn über mich hinweg streichen sah. Hat Vater mein Päckchen mit den Federn erhalten? Ich nehme an, daß heute Abend noch Post kommt. Vielleicht ist eine Antwort schon dabei. Schreib mir auch mal ob auch das Brot u. das Päckchen angekommen ist, die ich in der Adolf- Hitlerstr. bei Vaters Büro abgeben ließ. Ich weiß nicht, ob ich sie nummeriert habe. Es war P. 24 für das Brot habe ich keine Nummer. Ich habe schon wieder Brot verschenkt. Hier habe ich gar nicht den Appetit wie bei Dir zu Hause. Schreib mir, ob Du es wirklich wahrmachen konntest u. 3 Tage in unserer Wohnung warst. Wie gern wäre ich bei Dir. Aber, es wird wohl noch lange dauern, bis ich ganz wieder bei Euch bin. Auch das dritte Kind wird dann wohl schon da sein. Diesmal hoffe ich aber eher zu kommen, wenn auch der große Junge mir viel Freude gemacht hat. Ich glaube, wir waren beide sehr glücklich, als Du ihn mir zum ersten Mal zeigen konntest. Von seinen schönen Kinderjahren habe ich nun gar nichts. Wie wird es beim Dritten werden? Liebe Marlies, geht es Dir nun auch wirklich besser oder schreibst Du es nur zu meiner Beruhigung? Nun brauchst Du wohl gar nicht mehr hin zu Dr. Lange, denn Du hast jetzt wohl 100% die Gewißheit, daß wirklich das Dritte im Bunde unterwegs ist? Schreib mal darüber. Du brauchst keine Angst zu haben, daß Deinen Brief jemand findet. Soll ich mal an Harry Bade schreiben wegen Obst in diesem Jahr? Vielleicht hat er doch etwas. Es wird zwar sehr schlecht mit dem Holen sein. Oder auch bei Erna kann ich mal anfragen. Ist Heini eigentlich zu Hause oder ist er wieder Soldat? Damit Du schnell antworten kannst, lege ich Dir einige Luftpostmarken bei. 2 Päckchenmarken habe ich auch noch. Ich wollte eine davon schon an Dreier schicken, doch nun schicktest Du mir ja schon die vielen Pralinen. Vielleicht tausche ich sie auch irgendwie. Es sind doch viele Bauern, die sich Wurstpakete darauf schicken lassen. Vorläufig ruhen sie friedlich in meiner Brieftasche. Luftpostmarken hast Du jetzt doch reichlich, so daß Du Deine Briefe fast ausschließlich damit schicken kannst. Du schreibst wegen Pakete für mich. Ich habe ja diesen und jenen beauftragt, bei Dir anzurufen. Wenn Du dann etwas hast, kannst Du die Kameraden bitten es mitzunehmen. Wrede wird nun in der nächsten Zeit auch kommen. Er bringt Dir eine Flasche guten Likör mit. Aber Du trinkst jetzt in dieser Zeit doch kaum etwas. Der Geschmack ist gut u. milde. So recht etwas für Frauen. Liebe Marlies, nun ist es Zeit zum Schlafen. Grüße mir die Kinder recht herzlich u. auch Vater u. Grete. Für Dich besonders herzliche Grüße u. tausend innige Küsse von
Deinem Atte

 

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